Helmut Söhler, VWheute, vom 29. August 2016

Kommentar anlässlich der K-Tagung 2016 von Meyerthole Siems Kohlruss und der Scor

In der Kfz-Versicherung steht eine Zeitenwende bevor – aber eher morgen als heute. Vor mehr als 100 Jahren verschwanden Pferde aus dem Straßenbild. Das Auto setzte sich durch. Ein ähnlich radikaler Wandel kommt jetzt erneut auf uns zu. Die Autoindustrie kooperiert immer enger mit IT-Giganten, Mobilitätsanbietern sowie Zulieferern und nicht zuletzt mit der Versicherungswirtschaft.

Hard- und Software sowie Services bilden eine fast symbiotische Einheit. Dass das autonome Fahren Wirklichkeit wird und sich autonom fahrende Fahrzeuge bestandswirksam durchsetzen, ist nur noch eine Frage der Zeit. Aber wie lange dies tatsächlich noch dauern wird, wird schnell unterschätzt. Die Rasantheit der “Smartphone-Revolution” wird sich für Autos nicht wiederholen. Ein neues Smartphone ist schnell und kostengünstig angeschafft. Autokäufe hingegen haben deutlich langsamere Zyklen. Und auch technische Innovationen brauchen ihre Zeit. Fahrer-Assistenzsysteme wie ABS, ESP und Seitenairbag haben 15 bis 20 Jahre gebraucht, um sich flächendeckend durchzusetzen.

Zwar zieht der technische Fortschritt an – Erfindungen werden immer smarter und kommen in immer höherer Schlagzahl. Aber bis sie den Bestand wirklich durchdrungen haben, benötigt es Zeit. Die Zahl der jährlichen Neuzulassungen an PKWs in Deutschland entspricht einem Anteil von 7,1 Prozent des gesamten Bestandes. Die Frage ist, wieviel Prozent dieser Neuzulassungen (teil)autonom fahren können? Die Einparkhilfe, der Müdigkeits- sowie Spurhalte- und -wechselassistent waren schon vor fünf Jahren marktreif. Die derzeitige Penetration im deutschen Kfz-Bestand liegt allerdings für all diese Assistenzsysteme bei unter zehn Prozent.

Frühestens in fünf bis zehn Jahren werden die Autos so autonom geworden sein, dass ein zunehmender Einfluss auf die K-Prämie spürbar sein wird. Das Marktprämienvolumen in der Erstversicherung wird nach Prognosen der Scor Deutschland bis 2025 um 13 Prozent sinken. Gemessen an der Radikalität des Wandels erscheint das nicht besonders hoch. Dieses liegt neben der noch überschaubaren Marktdurchdringung von neuen Fahrzeugtechnologien unter anderem auch daran, dass Teilkaskoschadenarten von solchen Innovationen meist unberührt bleiben.

Einbruch/Diebstahl, Glasbruch und Naturgefahren wird wohl alle Fahrzeuge treffen – egal wie “intelligent” sie sind. Doch der Wandel im Kraftfahrtmarkt wird sich weiter vollziehen. Ab 2025 wird es dann deutlich schneller gehen – bis 2040 werden die meisten “Pferde” dann von den Straßen verschwunden sein.