Ellen Bocquel, Bocquel-News, vom 22. Januar 2018

Das jüngste Orkantief „Friederike“ brauste am Donnerstag nur wenige Stunden über Deutschland hinweg, das aber so heftig, dass die Vergleiche zu „Kyrill“ vor elf Jahren zulässig sind. 2018 haben die Sturmtiefs hierzulande weibliche Vornamen. Als Pate kann man die Taufe des Unwetters samt Namen kaufen.

Eine schlimme Schadenbilanz: Der Orkan Friederike am vergangenen Donnerstag forderte allein hierzulande acht Tote, unter ihnen zwei Feuerwehrleute, die den Katastropheneinsatz mit ihrem Leben bezahlten. Über das gesamte Schadenausmaß und die Höhe der Kosten liegen bisher nur erste Schätzungen vor. „Wir schätzen den versicherten Sachschaden durch den Orkan Friederike auf 800 Millionen Euro für Deutschland", sagte Onnen Siems von der aktuariellen Beratungsgesellschaft MSK Meyerthole Siems Kohlruss aus Köln. Auf dem Brocken, höchster Berg im Mittelgebirge Harz, wurde eine Windgeschwindigkeit von 205 Kilometer pro Stunde gemessen. „Meteorologisch war Friedrike so etwas wie ein 'schlanker Kyrill'", sagte der Versicherungsmathematiker Siems. „Verglichen mit Kyrill fiel das Sturmfeld von Friederike enger und kleinräumiger aus, und der Sturm zog schneller durch". Kyrill hatte auf den Tag genau vor elf Jahren einen versicherten Schaden von 2,4 Milliarden Euro in Deutschland angerichtet.

In Deutschland wechseln die Bezeichnungen/Namen für Hochs und Tiefs jedes Jahr ab. 2018 sind wieder Frauenamen an der Reihe, wenn Schlechtwetter-Tiefs die Bundesrepublik heimsuchen. Vor Friederike hatte dieses Jahr bereit Burglind ihr Unwesen getrieben und großen Schaden angerichtet (bocquel-news 5. Januar 2018 Burglind: Jetzt schon rund 500 Millionen Euro Schaden). Doch seit Silvester waren bereits insgesamt sieben Tiefs mit weiblichen Namen wettermäßig am Werk. Seit 2002 werden verkauft das Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin (www.geo.fu-berlin.de) die Namen für die meteorologischen Hoch- und Tiefdruckgebiete. Das jüngste Orkantief „Friederike” kostete die Namenspatin, die als Friederike Hesse angegeben wird, ganze 199 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Start für die Namenvergabe für 2018 hat bereits am 13. September 2017 um 00:00 Uhr begonnen. Inzwischen sind alle zu erwartenden Tief übers ganze Jahr 2018 ausverkauft – schön alphabetisch geordnet begann das Jahr mit dem Tief Alja, dem Alja Epp-Naliwaiko ihren Vornamen verpasste. Vorgebucht bis „Z“ wird im 1. Durchlauf des Jahres 2018 wird ein Tief voraussichtlich den Vornamen der Dame Zsuzsa Michalsky, nämlich „Zsuzsa“ tragen. Und wenn die Anzahl der Anfangsbuchstaben im Alphabet nicht ausreicht, hat das Institut für Meteorologie in Berlin sicherheitshalber schon einmal Bestellungen für mögliche Namenpatenschaften in insgesamt sechs Durchläufen auf Lager.

Die Bilanz des Orkantiefs „Friederike” ist so schrecklich und legt einen Vergleich mit dem Orkan „Kyrill” vor exakt elf Jahren nahe. Die Schäden durch Kyrill beliefen sich auf mehr als 2 Milliarden Euro. Was an genauem Schadenausmaß durch „Friederike” zu erwarten ist, liegt noch im ungenauen Schätzungsbereich, wird sich aber nach Expertenaussagen sicherlich höchstens auf die Hälfte der Schadensumme von Kyrill belaufen.

Am vergangenen Donnerstag zog der Orkan Friederike eine riesige Schneise der Verwüstung auf dem Weg quer über Deutschland hinweg - von Nordrhein-Westfalen über Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. Auch andere Bundesländer bekamen die Auswirkungen von Friederike zu spüren – aber äußerst moderat.
Wenn man bedenkt, dass die Versicherer hierzulande im gesamten Jahr 2017 insgesamt 2 Milliarden Euro für Sturm- und Starkregenschäden bezahlen mussten, wird die Schadendimension von Friederike besonders deutlich.

Die Unwetterserie zwischen Ende Juni und Anfang Juli 2017, die von Tiefs mit Männernamen wie „Paul“ und „Rasmund“ daher fegten, verursachten versicherte Sachschäden von rund 300 Millionen Euro. Die Starkregenschäden im August in Berlin und Brandenburg schlugen mit 60 Millionen Euro zu Buche. In diesen Zahlen, die der GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) jetzt veröffentlichte, sind die Schäden an Kraftfahrzeugen nicht enthalten, weil sie in Summe noch nicht vorliegen.
Die rasende „Friederike” machte auch vor kleinen Betrieben – wie beispielsweise der Wiesbadener Gartenbau-Versicherung – nicht Halt. Schon nach dem ersten Tag (Donnerstag) waren hier knapp 300 Schäden gemeldet worden. Der Versicherer geht davon aus, dass noch weitere 200 bis 300 Schäden durch Friederike gemeldet werden könnten.

Verbraucherschützer machen wieder Werbung für Pflichtversicherung

Die Verbraucherschutzzentrale Rheinland-Pfalz nimmt Friederike sowie die starken Regenfälle in der ersten Januarwoche zum Anlass, erneut das Thema Hochwasserschutz und Pflichtversicherung spruchreif zu machen. „Die Versicherungssituation im Bereich Starkregen und Hochwasser hat sich in unseren Augen überhaupt nicht verbessert und das, obwohl alle Seiten immer wieder übereinstimmend feststellen, dass die Schäden insbesondere durch Starkregen permanent steigen”, kritisierte Michael Wortberg, Versicherungsreferent der Verbraucherzentrale.

Seiner Meinung nach könnte das System mit bezahlbaren Prämien für alle Hausbesitzer nur dann funktionieren, wenn es eine Pflichtversicherung gäbe, durch die die Kosten solidarisch verteilt würden. Laut Wortberg hat eine Umfrage zur Elementarschadensklausel in der Wohngebäudeversicherung im Herbst 2017 ergeben, dass nur drei von 52 angeschriebenen Versicherern in Risikogebieten von sich aus eine Versicherungspolice gegen Schäden durch Hochwasser und Starkregen ohne Selbstbeteiligung anbieten würden.
Wortberg findet das Ergebnis enttäuschend. Die Verbraucherzentrale geht davon aus, dass viele Versicherer überhaupt kein Interesse daran haben, ihren Kunden Elementarschutz zu gewähren. „Dabei behauptet der GDV immer, dass mehr als 98 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland problemlos versicherbar seien”, macht Wortberg deutlich.

Zusatzbaustein zur Wohngebäude- und Hausratversicherung

Durch eine erweiterte Naturgefahrenversicherung, die als Zusatzbaustein zur Wohngebäude- und Hausratversicherung abgeschlossen werden kann, sind Überschwemmungsschäden jedoch schon heute abgedeckt. Für 99 Prozent der Gebäude in Deutschland sei der Abschluss einer solchen Police problemlos möglich, heißt es in Versicherungskreisen. Trotz allem hätten bundesweit bisher nur etwa 40 Prozent der Hausbesitzer diesen Quasi-Vollkaskoschutz für ihr Haus abgeschlossen.

Übrigens hat Sturmtief „Friederike“ auch die LVM-Agenturen – vor allem im Münsterland auf den Plan gerufen. „Da sich die Zahl der gemeldeten Schadenfälle momentan noch kontinuierlich erhöht, ist es zu früh, um zum gesamten Ausmaß verlässliche Angaben zu machen“, sagt Benedikt Hoffschulte, Leiter der Sach-Schadenabteilung bei der LVM. Nach einem Unwetter seien Betroffene in der Regel zunächst damit beschäftigt, sich selbst einen Überblick über das beschädigte Eigentum zu verschaffen und unbeschädigtes Hab und Gut zu sichern. Deshalb würden nicht alle Schäden unmittelbar gemeldet, sondern mit einem gewissen zeitlichen Versatz. Eine belastbare Prognose sei daher erst etwa drei bis vier Tage nach einem Unwetterereignis sinnvoll. „Unsere Vertrauensleute in den Versicherungsagenturen und die Kolleginnen und Kollegen in der Zentrale in Münster arbeiten derzeit mit Hochdruck daran, die gemeldeten Schäden zu regulieren“, so Hoffschulte.

Auch die Provinzial Rheinland meldet erste Schadeneinschätzungen. In der Hauptverwaltung in Düsseldorf geht man von bis zu 80 Millionen Euro versicherten Sachschaden aus. „Die Schadenssumme wird alleine bei unseren Kunden voraussichtlich bis zu 80 Millionen Euro betragen", gibt Martina Hankammer, stellvertretende Pressesprecherin der Provinzial Rheinland, eine erste Prognose ab. Aktuell wurden bereits rund 8.500 Sachschäden an Gebäuden und mehr als 300 Schäden an Kraftfahrzeugen gemeldet.

Bevor noch tatsächlich konkrete Schadensummen abgegeben werden können, gibt die Nürnberger Versicherung Ratschläge, wie man „unbeschadet durch die Sturmsaison“ kommt. „Generell werden Sturmschäden am Gebäude, an der Einrichtung sowie am Auto ab Windstärke 8 über die Wohngebäude-, Hausrat- beziehungsweise Kaskoversicherung abgewickelt", sagt Peter Meier, Vorstandsmitglied der Nürnberger Versicherung. Erreicht ein Sturm Windgeschwindigkeiten von 62 Stundenkilometern oder mehr, zahlt die Gebäudeversicherung die verursachten Schäden am Haus oder der Eigentumswohnung. „Die Versicherung kommt hier auch für Schäden an Zäunen, fest angebrachten Markisen oder Nebengebäuden wie Garagen auf."

Richtiger Schutz auch für Wertgegenstände

Doch nicht nur Gebäude können vom Sturm betroffen sein, sondern ebenso das persönliche Hab und Gut im Haus oder der Wohnung. Schäden am Inventar sind über die Hausratversicherung gedeckt. Die Teilkaskoversicherung wiederum springt ein, wenn ein Unwetter dem Auto zugesetzt hat. Sie übernimmt die über die Selbstbeteiligung hinausgehenden Reparaturkosten - selbst wenn das Fahrzeug von losgerissenen Dachziegeln oder einem umgestürzten Baum getroffen wurde.

Vorsorge bei extremer Witterung

Neben Stürmen verursachen vor allem Elementarereignisse wie Starkregen, Hagel oder Überschwemmungen hohe Kosten. Solche Unwetter können verheerende Folgen haben. Das Aufräumen und Wiederherstellen wird schnell zur finanziellen Belastungsprobe. Denn der Staat kommt grundsätzlich nur für nicht versicherbare Schäden auf. Mit einer Elementarschaden-Versicherung als Ergänzung zur Gebäude-, und Hausratversicherung kann man sich vor den finanziellen Folgen extremer Witterung schützen.

Und wenn es zu Schäden kommt?

Peter Meier rät dazu, im Ernstfall schnell zu handeln: „Betroffene sollten versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten, zum Beispiel indem sie zerbrochene Fenster provisorisch abdichten, damit kein weiteres Regenwasser eindringen kann. Es ist wichtig, dass sie den Versicherer unverzüglich informieren, um Reparaturen und Aufräumarbeiten abzustimmen. Außerdem muss der Schaden dokumentiert werden, am besten mit Fotos oder Videos."