VWheute, vom 31. März 2020

„Corona greift die finanzielle Stabilität der Versicherer an vielen Stellen gleichzeitig an“, sagt Tommy Berg, leitender Berater von MSK. Auf der Aktivseite sehen wir die Talfahrt der Kapitalmärkte, die fast vollständig auf die Marktwerte der Kapitalanlagen durchschlägt. Auf der Passivseite sind mögliche Schadenbelastungen abzuschätzen, aber ebenso die Implikationen auf Bestand und Neugeschäft. Auch die erneute Absenkung der Zinsstrukturkurve trifft gerade Versicherer mit langabwickelndem Geschäft zusätzlich. Und am Ende „kumulieren sämtliche Effekte miteinander“, warnt Berg.

Mit sehr ähnlichen Worten hat auch Immo Querner, Finanzvorstand der Talanx, die Auswirkungen von Corona auf die Bilanz der Versicherer im Interview mit der Versicherungswirtschaft erläutert, die sie als Abonnent ab Mittwoch in den Händen halten können.

Bestehendes nutzen

„Die Versicherer sollten die Verlängerung der Fristen nutzen, um die quantitativen Auswirkungen von Corona im Rahmen der Quartalsberichterstattung differenziert zu ermitteln und anschließend auch im SFCR darüber zu berichten“, empfiehlt Berg. Er spricht davon, dass die europäische Finanzaufsicht EIOPA einen Teil der Meldepflichten für Versicherer verschoben oder erleichtert hat – VWheute-Leser wissen das längst.

Grundsätzlich sei die finanzielle Belastung durch Corona allerdings sehr individuell, erklärt Mr. Berg. Während einige Gesellschaften wie Captives möglicherweise nur sehr eingeschränkt betroffen sind und ihre Berichterstattung durchaus pünktlich zum 7. April abliefern können, werden andere Marktteilnehmer signifikante Verwerfungen spüren und sind möglicherweise angehalten, sogar eine außerordentliche unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung durchzuführen.

Aber es gäbe auch Lichtblicke, bedingt durch sinkende Schadenfrequenzen in einzelnen Sparten. Der verordnete Shutdown führt zu deutlich weniger Straßenverkehr, so dass die Unfallzahlen „stark sinken“.

„Jede Woche wird sich aktuell mit diesem historisch niedrigen Mobilitätsniveau die Schadenquote um 0,5 bis ein Prozent verbessern“, schätzt MSK-Geschäftsführer Onnen Siems. Weitere positive Effekte sind ebenfalls in der Hausratversicherung aufgrund sinkender Einbrüche zu erwarten.

Der Trend ist nicht für die Rechtsschutzversicherer zu erwarten. „Wie in jeder Rezession wird die Schadenbelastung durch den Anstieg der Arbeitsrechtsfälle ansteigen, die in dieser Krise leider historische Ausmaße erwarten lassen“, warnt Siems.