Maximilian Volz, VWheute, vom 14. April 2020

Corona ist tragisch, ruinös und rechtlich umwälzend. Letzteren Punkt hat die aktuarielle Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) aufgegriffen und kommt in einer Analyse zu dem Schluss, dass in der Rechtschutzversicherung die Schadenbelastung auf ein historisches Ausmaß ansteigen wird. Roland und Arag bewerten die Lage ähnlich, sehen sich aber gerüstet, um den Corona-Schaden-Berg zu bezwingen.Die Analyse ist von MSK zur Rechtschutzversicherung ist klar: „Wie in jeder Rezession wird die Schadenbelastung durch den Anstieg der Arbeitsrechtsfälle ansteigen, die in dieser Krise leider historische Ausmaße erwarten lassen“ erklärt Onnen Siems, Gründer und Geschäftsführer der aktuarielle Beratungsgesellschaft.

Diese Aussage von MSK sei „mit Sicherheit zutreffend“, erklärt Hanno Petersen, Konzernvorstand IT und Operations bei der ARAG. „Wir haben dies in der Finanzmarktkrise 2008 bereits beobachten können. Damals sind die Schadenzahlungen im Arbeitsrecht um bis zu 20 Prozent gestiegen. Im Verkehrsrecht und Privatrecht erwarten wir hingegen keine großen Auswirkungen der Corona-Krise.“

Marcus Acker, Leiter Unternehmenskommunikation bei der Roland, sieht die Sachlage ähnlich. „Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die Zahl der Arbeitsrechtsfälle deutlich steigen wird.“ Der Versicherer glaubt gerade im gewerblichen Bereich an eine deutliche Zunahme der Vertragsrechts-Streitigkeiten und zudem mit Schäden im Zusammenhang mit Betriebsunterbrechungen und Insolvenzen. Leicht sinkende Schadenaufwendungen sieht Herr Acker beim Verkehrs- und Privat-Rechtsschutz.

Das Thema Betriebsunterbrechung ist derzeit tatsächlich das am meisten diskutierte Thema, aktuell kritisieren zahlreiche Anwälte die „bayerische Lösung“, die ungefähr eine 15 Prozent Erstattung der Versicherer vorsieht.

Da ist ja noch VW

Die Rechtschutzversicherer wappnen sich bereits für das Kommende bei Corona, doch es ist nicht so, als wäre aktuell nicht noch ein weiterer historischer Fall in Arbeit: der VW-Abgasskandal.

Die Kosten gehen mal eben in den zweistelligen Millionenbereich, wie die Herr Acker bestätigt. „In diesem Jahr rechnen wir mit Auszahlungen von über 25 Mio. Euro für unsere Kunden und damit werden wir am Ende des Jahres insgesamt rund 64 Mio. Euro ausgezahlt haben. Hierbei ist eine Ausweitung auf weitere Motorentypen oder weitere Marken noch nicht mit berechnet.“

Der Arag-Vorstand spricht im VW-Skandal von „nachlassenden Zahlungen“. Zudem komme es durch „gewonnene Verfahren sowie durch Vergleiche“ auch zu Geldrückflüssen. Die Schadenerwartung rund um den Abgas-Themenkomplex liege dennoch bei „insgesamt circa 30 Mio. Euro“, übernommen wären bisher etwa Kosten von gut 20 Millionen Euro, erklärt Petersen. Über die Auswirkungen von Corona und VW auf die Combined Ratio wollte keines der Unternehmen spekulieren.

Digitalisierung siegt

Die Corona-Krise belastet aber nicht nur den Geldbeutel. Die Häuser fanden sich in einer kritischen Lage wieder, in der schnelle Entscheidungen nötig waren, um Kunden, Unternehmen und Mitarbeiter zu schützen. „Wir haben ein sehr gutes Krisenmanagement. Uns ist es bisher gelungen, diese wirklich einschneidende Krise sehr professionell zu managen. Wir haben gerade in den ersten beiden Wochen sehr schnell gehandelt“, erklärt Herr Acker.

Ebenfalls als krisenfest bezeichnet Herr Petersen die Arag: „Wir besitzen eine solide Unternehmensbasis, um den Herausforderungen durch Corona zu begegnen.“ Das Unternehmen habe schon „sehr früh umfassende Digitalisierungsmaßnahmen“ in die Wege geleitet. „Dadurch konnten wir den Betrieb der Arag innerhalb weniger Tage nahezu vollständig ins Home-Office verlegen – in Deutschland genauso wie in unseren internationalen Einheiten.“

Eines sei aber auch klar, erklärt Herr Acker: „Die richtige Herausforderung für die Wirtschaft – und damit auch für uns – kommt jetzt erst noch.“