Carolin Hinz, VersicherungsJournal, vom 6. August 2017
Die vergangenen Wochen waren von mehreren Starkregenereignissen geprägt. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft teilte mit, dass deutschlandweit Unwetterschäden in Höhe von circa 600 Millionen Euro erwartet werden. Vor allem aufgrund der Unwetter von Juni und Juli rechnen die VGH Versicherungen im ersten Halbjahr 2017 mit Schäden in Summe von 38 Millionen Euro. LVM-Kunden in Niedersachsen meldeten dem Versicherer über 2.000 Gebäude- und Hausratschäden sowie 1.100 Kfz-Elementar-Schäden. Die VHV Versicherungen gehen aufgrund der geringen Verbreitung von Elementardeckungen in Niedersachen davon aus, dass viele Unwetterbetroffene auf ihren Schäden sitzen bleiben.
Die Unwetterfronten „Paul“ und „Rasmund“ verursachten zwischen dem 20. Juni und dem 2. Juli deutschlandweit Schäden in Höhe von rund 600 Millionen Euro. Das teilte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in einer Pressemeldung mit. Etwa die Hälfte der Summe entfiel laut GDV-Angaben auf beschädigte Häuser, Hausrat, Gewerbe- und Industriebetriebe. Die andere Hälfte meldeten kaskoversicherte Kfz-Besitzer.
Die Meyerthole Siems Kohlruss Gesellschaft für aktuarielle Beratung mbH schätzt, dass die später folgende Regenfront „Alfred“, die Ende Juli Niederschlagsmengen von mehr als 200 Millimeter mit sich brachte, Schäden in niedriger zweistelliger Millionenhöhe verursacht hat.
Niedersachsen besonders betroffen
Die meisten Schadenberichte kamen im Juli aus den niedersächsischen Landkreisen Goslar, Helmstedt, Hildesheim und Wolfenbüttel sowie aus dem Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt. Das geht aus dem Bericht „Erste hydro-klimatische Einordnung eines sehr nassen Juli 2017“ (PDF-Datei, 2,2 MB) des Deutschen Wetterdienstes hervor.
Die deutschlandweit höchste Niederschlagsmenge, die Ende Juli gemessen wurde, gab es an der niedersächsischen Wetterstation Eckertalsperre. Hier fielen innerhalb von zwei Tagen 254 Millimeter. Die Wetterstation Brocken in Sachsen-Anhalt vermeldete den zweithöchsten Wert mit 238 Millimeter Niederschlag für beide Tage.
Das südliche Niedersachsen wurde demnach besonders hart von den Unwettern getroffen. Aus diesem Grund befragte die Redaktion des VersicherungsJournals stichprobenartig Versicherer aus besonders betroffenen Gebieten, wie schwer ihre Versicherten von den Unwetterereignissen getroffen wurden.
38 Millionen Euro Schadensumme bei der VGH prognostiziert
Das erste Halbjahr 2017 war für die VGH Versicherungen von den beiden Unwetterfronten „Quirin/Paul“ im Juni und „Alfred/Bernhard“ im Juli geprägt. Mit aktuell 1.350 erfassten Schäden verursachte letzteres Starkregenereignis schätzungsweise Schäden in Höhe von 15 Millionen Euro.
„Der Umstand, dass wir in den vergangenen Jahren kein vergleichbares, als Referenz taugliches Ereignis hatten, erhöht die Unsicherheit bei der Hochrechnung des Schadenaufwandes für dieses Ereignis“, erläuterte ein VGH-Pressesprecher auf Nachfrage des VersicherungsJournals.
Auch Sturmtief „Paul“ verursachte im Juni bei den Versicherten der VGH zahlreiche Schäden. Vor allem wurden diese durch Überflutungen, über die Ufer tretende Gewässer sowie Sturm und Hagel verursacht. Bis Ende Juli verzeichnete die VGH für dieses Unwetterereignis Schäden in Höhe von rund 13 Millionen Euro.
„Insgesamt beläuft sich der Schadenaufwand aktuell auf knapp 25 Millionen Euro. Die Prognose für diese Ereignisse, unter Berücksichtigung der Unsicherheiten bei den Überschwemmungs-Ereignissen, beläuft sich auf 38 Millionen Euro“, heißt es aus der Pressestelle weiter.
Bedarf nach Elementardeckungen steigt
Die VGH-Versicherten sind Unternehmensangaben zufolge zu 79 Prozent zumindest gegen Elementarschäden durch Starkregen und Rückstau versichert. Von diesen 79 Prozent besitzen 17 Prozent eine komplette Elementardeckung, die unter anderem auch Schäden durch übergetretene Binnengewässer deckt, heißt es vonseiten des Versicherers.
Die VGH registrierte in den letzten Jahren immer häufiger, gerade in den Frühjahrs- oder Sommermonaten, Starkregenereignisse. „So haben beispielsweise die Abzucht in Goslar oder das Flüsschen Radau in Bad Harzburg gerade wieder für verheerende Schäden gesorgt.
Erstaunlicherweise liegen beide Orte nach Einschätzung der VdS Schadenverhütung GmbH bislang in der niedrigsten Zürs-Gefährdungsklasse 1, so dass Hausbesitzer und Mieter für den Hausrat eine Elementarschadendeckung für geringe Mehrbeiträge für alle Gebäude einschließen könnten“, so die VGH.
LVM-Versicherte melden zahlreiche Unwetterschäden
Versicherte aus Niedersachsen des LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G. meldeten dem Versicherer in den beiden Unwettermonaten Juni und Juli 2.016 Unwetterschäden, teilte die Pressestelle des LVM auf Nachfrage des VersicherungsJournals mit.
Die Schadensumme in der Hausrat- und Gebäudeversicherung beläuft sich Unternehmensangaben zufolge auf bisher 2,1 Millionen Euro. „An erster Stelle [stehen] Schäden durch Sturm und Gewitterböen. Gefolgt von Schäden durch Überspannung und Hagel. In den letzten zwei Monaten sind uns in Niedersachsen nur 160 versicherte Überschwemmungsschäden gemeldet worden“, ergänzte das Unternehmen.
Betroffene Kfz-Versicherte
Damit ist das Schadenausmaß der vergangenen Wochen beim LVM ähnlich hoch wie das der beiden Sturmfronten „Elvira“ und „Friederike“, die im Mai und Juni vergangenen Jahres über Deutschland tobten. Diese beiden Unwetterereignisse 2016 sorgten beim LVM für 2.557 Schadenmeldungen und eine Schadensumme von 2,12 Millionen Euro, teilte der Versicherer mit.
Auch Kfz-Versicherte LVM-Kunden in Niedersachsen waren von den Starkregenereignissen betroffen. Im ersten Halbjahr meldeten Versicherte Elementarschäden an ihren Fahrzeugen in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro Schadensumme. Von den im ersten Halbjahr gemeldeten 1.157 Kfz-Elementarschäden sind 632 auf die Unwetter von Ende Mai sowie 198 auf das Unwetter am 22. Juni zurückzuführen.
VHV Gruppe verzeichnet viele Überschwemmungsschäden
Bei den VHV Versicherungen halten sich Unternehmensangaben zufolge die Schadenmeldungen bisher in Grenzen. „Da die angespannte Hochwassersituation in Niedersachsen gerade erst abflacht und zudem […] bundesweit mit weiteren Unwettern zu rechnen ist, gehen wir jedoch von weiteren Schadenmeldungen aus“, heißt es aus der Pressestelle des Versicherers.
Genaue Zahlen zur Schadensumme lägen der Gesellschaft bisher nicht vor. Die am häufigsten gemeldeten Schäden seien jedoch hier – im Gegensatz zum LVM – Überschwemmungsschäden. Ihnen folgen Blitz- und Überspannungs- sowie Hagelschäden.
Zahlreiche Schäden womöglich nicht gedeckt
Laut den Zahlen des GDV besaßen im vergangenen Jahr 16 Prozent der Niedersachsen eine Elementarversicherung. Nur die Bremer sind noch weniger gegen Elementarschäden versichert (15 Prozent) (VersicherungsJournal 9.1.2017).
„Die geringe Elementarversicherungs-Dichte impliziert bereits, dass viele von den Unwettern betroffenen Haushalte über keine (ausreichende) Elementarversicherung verfügen. Da die weit überwiegende Anzahl aller Schäden jedoch noch nicht abschließend bewertet wurde, lässt sich über die Anzahl der Schäden ohne Versicherungsschutz keine valide Auskunft abgeben“, erläutert hierzu die VHV-Pressestelle.
Höhere Elementarversicherungs-Dichte gefordert
Der Versicherer stellt nicht nur in Niedersachsen sondern bundesweit einen erhöhten Bedarf nach Elementardeckungen fest. Die Zunahme regionaler Starkregenereignisse stellt für alle Haushalte ein hohes Risikopotenzial dar, findet der Versicherer. „Insoweit ist zu hoffen, dass auch die Überschwemmung und Unwetter des Jahres 2017 zu einer weiteren Erhöhung der Elementarversicherungs-Dichte führen“, heißt es aus der Pressestelle weiter.
Um Kunden und Vermittler für das Thema zu sensibilisieren, unterstütze die Versicherungsgruppe ihre Vermittler mit Informationen oder Berichten. „Auch online weisen wir explizit auf den Elementarschutz hin. Dies geschieht über unterschiedliche Kanäle wie zum Beispiel über ein Vermittlerportal und Newsletter“, heißt es seitens des Versicherers.