Versicherungsmagazin, vom 5. Januar 2018

Für Piloten und Zugführer war er eine ordentliche Herausforderung. Für Haus- und Autobesitzer eine potenzielle Gefahr. Und für Länder, Kommunen und Versicherer wird es mal wieder richtig teuer. Der jüngste Wintersturm "Burglind" hat in Deutschland seine Spuren hinterlassen.

Der Wintersturm “Burglind” kostet die Versicherungsbranche nach Expertenschätzungen rund 300 Millionen Euro. Das ergebe sich aus Berechnungen auf Basis der aktuellen Wetterdaten, teilte der Versicherungsmakler Aon Benfield kürzlich mit. Das Orkantief war seit Dienstagabend mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 Kilometern pro Stunde und starken Regenfällen über weite Teile Deutschlands hinweggezogen. “Burglind” richtete vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Schäden an. Der Regen dürfte auch in den kommenden Tagen zu Überschwemmungen und überfluteten Kellern führen.

Tauwetter verschärft die Hochwassersituation

Sturm Burglind verursachte als erster Sturm des neuen Jahres einen versicherten Schaden von 200 Millionen Euro in Deutschland", schätzt die aktuarielle Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK). Markante Wettererscheinungen prägten den Durchzug des Sturms. "Insbesondere der starke Niederschlag wirkt sich schadenerhöhend aus, sowohl bei durch den Wind geschädigten Gebäuden, als auch durch die aufgeweichten Böden bei Bäumen. Die Regenmengen und das Tauwetter aufgrund des Temperaturanstiegs verschärfen zudem die Hochwassersituation", erklärt MSK-Geschäftsführer Onnen Siems.

Aber auch mit Blick auf die Schadenentwicklung könnte sich durch Burglind eine angespannte Situation weiter zuspitzen. Die Wintersturmsaison 2017/18 hatte im Oktober mit Xavier und Herwart begonnen, deren Schäden in ähnlicher Größenordnung lagen. Innerhalb von zwölf Monaten ist Burglind nun das fünfte Wintersturmereignis für die deutschen Versicherer. Aber auch in weiteren Ländern Europas hat Burglind gewütet. "Betroffen waren noch Großbritannien, Frankreich und die Benelux-Staaten, sodass die versicherten europaweiten Schäden bei einer halben Milliarde Euro liegen werden", so Siems. 

"Warum Extremwetterereignisse so schwer zu prognostizieren sind", darüber hat sich kürzlich Jörg Rüffert, Assistent Kompetenzteam "Digitalisierung & Innovation" von den Versicherungsforen Leipzig,  seine Gedanken gemacht. In einem Versicherungsforen-Themendossier erläutert der Fachmann die Unwägbarkeiten der Prognosen. Wir veröffentlichen diese Darstellung in gekürzter Form:

"Die Schwierigkeit einer guten Vorhersage besteht darin, dass Wetter sehr komplex ist. Es be­darf unzähliger Klimadaten, die zunächst ausgewertet werden müssen, um sie in einem nächs­ten Schritt in Modelle zu im­plementieren. Darüber hinaus sind Wettermodelle nicht. Selbst Hochleistungs­rechner können anhand der gesam­melten Daten nur Wahrschein­lichkeiten ausgeben, wo und wann Starkregen, Sturm und Gewitter zuschlagen könnten. ...

Am Ende bleibt immer noch eine Unsicherheit

Prognosen von Meteorologen des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervor­hersage (ECMWF) gelten als besonders zuverlässig. Doch selbst diese sind nur für 48 bis 72 Stunden im Voraus mit ei­ner Wahrscheinlichkeit, die für Branchenfremde als eher gering eingeschätzt wird, möglich. Als besonders schwierig gilt die Vorhersage von Gewittern und Sturmtiefs. Im sogenann­ten now-casting-Bereich wird eine Prognose von bis zu drei Stunden bereits als relativ prä­zise eingeschätzt. Grund dafür ist die Tatsache, dass an dieser Stelle die klassische Wetter­vorhersage – und die zugrun­de liegende Statistik – an ihre Grenzen stößt. Software und Modelle sind heutzutage nur in der Lage, aus den Daten bis zu drei Minuten vor dem Un­wetter zu berechnen, wohin der Sturm in den nächsten 90 Mi­nuten ziehen wird. Und selbst dann bleibt eine Unsicherheit. ...