VWheute, vom 11. März 2019

"Ich liebe den Sturm und fürchte die Stille", erklärte Christina von Schweden, Königin von Schweden im 17. Jahrhundert. Als Monarchin ist sie auch nicht für die Begleichung und Bearbeitung der Windschäden zuständig, womit wir bei der Versicherungswirtschaft wären, deren Kostenschätzungen um hunderte Millionen voneinander abweichen.
Die Bahn musste den Zugbetrieb in Nordrhein-Westfalen abstellen, in Bayern wurde ein Anhänger in den Gegenverkehr geschleudert in Baden-Württemberg wurde eine Tankstelle dachlos, nachdem Eberhard die Konstruktion wie einen Spielball in die Luft beförderte. Der Spiegel berichtet von einem Toten, einem Autofahrer sei ein Baum auf das Auto gefallen. Feuerwehr und Polizei waren in den letzten Tagen im Dauereinsatz, die schwierigen Wetterverhältnisse können noch ein paar Tage andauern, wenn wohl auch nicht mehr mit der Stärke vom Wochenende.

Zugegeben, es ist eine gemeine Frage von Pressevertretern, wenn nach Schadenzahlen gefragt wird, während der Sturm praktisch noch läuft und die Telefon- und Emaileingänge sich unter der Belastung biegen. Allerdings besitzen die Versicherer Erfahrungswerte, die ihnen eine Einschätzung erlauben sollte. Dennoch, es bleibt eine ungenaue Wissenschaft. Die Versicherer Allianz, Provinzial Rheinland und die Sparkassen Versicherung (SV) wollten keine Einschätzung abgeben. Die SV erklärte, dass es bisher vor allem kleinere Schäden seien, die gemeldet würden. Diese verteilen sich auch auf das "gesamte Geschäftsgebiet", einzelne Schwerpunkte wären noch nicht feststellbar.

Aber wozu gibt es den Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV), dieser twitterte, dass er von Schäden "deutlich unter 500 Mio." ausgeht. Die Schätzung ist relativ niedrig angesetzt, Aon rechnet mit 700-800 Millionen Euro. Die Schätzung basiert auf Basis des sogenannten "Automated Event Response" (AER) von Impact Forecasting, dem Katastrophenmodell-Entwicklungsteam von Aon. Das AER ist eine kontinuierlichen Sturmmodellierung von Versicherungsbeständen auf Basis der aktuell verfügbaren Wetterinformationen inklusive der Prognose für die nächsten 72 Stunden.

Nachdem eine relativ geringe Schätzung des Verbandes einer hohen eines Beratungsdienstleisters gegenübersteht, sollte ein neutraler Dritter befragt werden, beispielsweise jemand, der sich mit Zahlen bestens auskennt. Die versicherungsmathematische Beratungsfirma Meyerthole Siems Kohlruss aus Köln schätzt den versicherten Sachschaden hierzulande auf 600 Mio. Euro.

Im Vergleich zu anderen Stürmen in jüngerer Zeit stellt Eberhard eine mittlere Ausprägung dar. "Betrachtet man die Windwerte von Bennet von vergangener Woche und von Sturm Friederike von Januar 2018, liegt die Intensität von Eberhard zwischen den beiden", unterstreicht Siems. Damit läge der Sturm in einem Bereich, wo ein Teil des Schadens von Rückversicherern übernommen werde.

Die Schätzungen zu den Schäden variieren also durchaus, was zu diesem frühen Zeitpunkt verständlich ist, aber in dieser Deutlichkeit dennoch überrascht. Das größere Problem für die Branche ist aber nicht der Sturm, sondern dass die Gefahr von Naturkatastrophen nicht abnehmen wird. Eberhard Faust, Forschungsleiter Klimarisiken Munich Re hatte kürzlich in einem Vortrag erklärt, dass die Extremwettereignisse, also beispielsweise starke Stürme zunehmen werden.

Das bedeutet nicht zwingend, dass die Anzahl der Stürme allgemein zunehmen wird, aber die Intensität von Einzelnen, die dann die Kosten an Menschen und Schäden in die Höhe treiben.

Doch Faust erklärt zu einem späteren Zeitpunkt auch, dass sich die Branche den neuen Gegebenheiten anpassen könne.