VWheute, vom 31. August 2016

Das autonome Auto bringt einen umfassenden Wandel – doch wann es auf Deutschlands Straßen fahren wird, scheiden sich die Geister. Voll automatische Fahrzeuge werden schon bis 2025 das Straßenbild prägen, glaubt Michael Schramek vom “Netzwerk intelligente Mobilität”. Gerrit Bagschik von der TU Braunschweig indes hält dagegen: “Es fehlen Werkzeuge zur Modellierung und Validierung”.

Besonders für Landstraße und Stadtverkehr sei das autonome Fahren zeitlich “noch sehr weit weg”, betonte er auf K-Tagung 2016, veranstaltet von der Scor und Meyerthole Siems Kohlruss. Und selbst, wenn es eines Tages marktreif ist – “die Bestandsdurchdringung neuer Technologie bei PKWs dauert ihre Zeit”, gibt Helmut Söhler (Scor) zu bedenken. Aus den Zeiträumen, die die Einführung von Fahrerassistenz-Systeme bisher gebraucht hat, prognostiziert er, dass eine flächendeckende Einführung autonomer Autos nicht so schnell abläuft.

“Bis 2025 sinkt das Marktprämienvolumen daher zunächst nur auf 13 Prozent”. Danach werde ein weiterer Einbruch des Volumens schnell kommen. Ralf Assenmacher von Meyerthole Siems Kohlruss glaubt aufgrund seiner Berechnungen, das aktuelle KH-Marktvolumens werde bis 2030 sich um 30 Prozent reduzieren. Aufgrund ethischer und rechtlicher Diskurse, aber auch der technischen Umsetzbarkeit könne dies aber auch deutlich länger dauern. Eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Einführung neuer Autotechnologien spielt die Politik, wie das Beispiel Elektroautos zeigt.

“Deutschland fehlt der politische Wille für eine schnelle Einführung von Elektroautos”, kritisiert hingegen Gilbert Kofi Adarkwah vom norwegischen Versicherer If. Norwegen ist führend bei der Anzahl verkaufter Elektro-Neuwagen. Erschwinglich sind sie dort durch staatliche Unterstützung. “Wir in Deutschland trauen uns ja noch nicht einmal, den Zwei-Takt-Roller zu verbieten”, ergänzt Thomas Siems, Experte für Digitalisierung. Dabei stehe nicht weniger als ein Wertewandel in der Mobilität bevor.

“Wichtig sein wird künftig Flexibilität statt Besitz oder Status“. Er rechnet mit einem demografischen „digitalen Graben“ in Bezug auf Mobilität. Auf progressive gesinnte Kunden setzt hingegen die Bayerische, wie Martin Gräfer berichtet. Das Unternehmen verspricht ein “digitales Reinheitsgebot”: Kunden können selbst entscheiden, welche ihrer Daten genutzt werden dürfen. Über “TankTaler” – einen OBD2-Stecker im Auto – wird vernünftiges Fahren mit “Bonustalern” belohnt, die beispielsweise an Tankstellen eingelöst werden können.

Kreative Innovationen, die das Geschäft mitbestimmen. Denn ist ja kein autonomes Auto zugelassen. Nicht einmal die Telematik ist bis heute wirklich ausgereift, gibt Kai Atenhahn von der DEVK zu bedenken. “Die Qualität der gemessenen Daten ist zumindest fraglich.” Nötig wäre hierfür eine korrekte Bewertung der Risikosituation, nicht nur des Fahrverhaltens. Es geht um Grundfragen, über die dem Versicherer keine Daten vorliegen: Wie abgefahren sind die Reifen? Wie sind die Wetterverhältnisse? Wer sitzt überhaupt hinter dem Steuer?