Köln - Trotz des harten Verdrängungswettbewerbs bleiben für Kfz-Versicherer viele Optionen sich im Markt zu positionieren. Dies zeigte sich auf der Konferenz "Kraftfahrt 2009 – Strategien für mehr Profitabilität" der Kölner versicherungsmathematischen Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss im Februar, auf dem Experten der Branche über aktuelle Marktzahlen und Zukunftschancen referierten.

Der Wettbewerb funktioniert
Zu Beginn der Veranstaltung informierte Geschäftsführer Onnen Siems über die aktuelle Entwicklung im K-Markt. Aufgrund des Verdrängungswettbewerbs und einem anhaltend rückläufigen Schadentrend erwartet er auch für 2009 einen weiteren Rückgang der Bruttobeitragseinnahmen auf 20 Mrd. Euro. Damit schrumpfte der K-Markt innerhalb von fünf Jahren um insgesamt 2,4 Mrd. Euro, also über 10 Prozent. Die verbesserten Sicherheitssysteme in den Fahrzeugen (hier vor allem ESP) und der wachsende gesellschaftliche Druck auf unangemessenes Fahrverhalten führten zu einem Rückgang der Anzahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten. Dieser Trend ist sehr nachhaltig. In der Kraftfahrt-Haftpflicht (KH) prognostiziert Meyerthole Siems Kohlruss einen Rückgang von 100 bis 200 Mio. Euro jährlich..
In K wird Geld verdient. Unter Berücksichtigung der Kapital-Erträge / Kosten und nach vollständiger Abwicklung war 2008 mit 1 Prozent profitabel obwohl das Kasko-Ergebnis verhagelt war und bei -7,7 Prozent liegt.
Für das Anfallsjahr 2009 schätzt Meyerthole Siems Kohlruss das abgewickelte versicherungstechnische Ergebnis in Kraftfahrt-Haftpflicht (KH) auf 2,8 Prozent, in Kasko auf -2 Prozent. Die weiterhin positive Schadenentwicklung fängt den Beitragsverfall in 2009 auf. Vorausgesetzt es treten keine Naturkatastrophen wie in 2008 auf, erwarteten die Aktuare aus Köln ein Gesamtergebnis in K von 3 Prozent.

Direktvertrieb gewinnt an Fahrt
Der Direktvertrieb - sowohl durch reine Direktversicherer wie auch über die Online-Angebote klassischer Versicherer - wird weiter an Bedeutung gewinnen. Diese Entwicklung hat im letzten Jahr deutlich an Fahrt gewonnen, so Berater Jörg Vogelsang. Für 2009 werden Direktversicherer in Deutschland einen Anteil von 20 Prozent erreichen. Erfolgschancen haben dabei nur die Anbieter in Verbindung mit einem bekannten Markennamen oder reine Direktanbieter, die einen sehr großen Marketingaufwand betreiben. Allerdings sind Kannibalisierungseffekte zu beachten: Direktvertriebsangebote der großen Versicherer gehen teilweise zum Lasten der eigenen klassischen Angebote.

Ökotarife rollen an
In Zeiten des Klimawandels wächst der Anteil der Autofahrer, die sich möglichst klimaschonend verhalten wollen. Bewertungskriterien wie Partikelfilter, Co2-Ausstoß und modernste Antriebsformen wie etwa Hybrid könnten Kriterien für eine adäquate Tarifierung sein. Die Zielgruppe ist überdurchschnittlich gut ausgebildet, verdient besser und verursacht vergleichsweise wenig Unfälle. Michael Adler von der Verkehrsclub Deutschland Service GmbH (VCD) und forderte "echte" Umweltprämien ein, die ein umweltschonendes Verhalten belohnen. Der Co2-Tarif, den der VCD in Kooperation mit der DA anbietet, weist eine Schadenquote unter 70 Prozent auf.

Strategien über den Autohandel
Die Erfolgsgeschichte des Marktes schrieben in den letzten Jahren die Autohersteller und ihre Versicherungspartner. Den Vorteil des direkten Kundenkontaktes am POS nutzend, eroberten sie immer mehr Marktanteile im Neuwagengeschäft.
Die Finanzkrise und Automobilkrise lässt Autohersteller nun noch stärker auf das profitable Reparatur- und Teilegeschäft sowie das Angebot von Versicherungen und Finanzdienstleistungen setzen. Voraussetzung für eine hohe Penetration beim Verkauf von Versicherungsleistungen im Autohaus ist eine professionelle Schulung der Autohaus-Mitarbeiter. Hier besteht in vielen Häusern noch Nachholbedarf.
Eine interessante Option für die Neuwagenfinanzierung ist die Restschuldversicherung (RSV). Thorsten Keil von der SCOR Life sieht in der RSV ein sinnvolles Instrument zur Absicherung von Darlehensnehmern gegen die biometrischen Risiken Tod, Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit. Für den vermittelnden Darlehensgeber stellt die RSV eine nicht unerhebliche zusätzliche Rendite dar.
Dr. Konrad Weßner von der Puls-Marktforschung GmbH erwartet in der Zukunft maßgeschneiderte Versicherungslösungen für Autohäuser. Schon heute kooperiert die Mehrheit der Autohäuser nicht nur mit der Herstellerbank und dessen Versicherungspartner, sondern holt sich zusätzlich einen herstellerunabhängigen Versicherunger ins Haus. Die Türen der Autohäuser sind also noch nicht zugeschlagen. Im Gegenteil: Mehr Unabhängigkeit vom Hersteller liegt durchaus im Interesse der Autoverkäufer.

Profil schärfen - Marktanteile gewinnen
Insgesamt deutet im K-Markt alles darauf hin, dass die Produktdiversifikation zunehmen wird. Der heutige Kunde ist – in erster Linie über das Internet – sehr gut informiert und erwartet ein auf seine individuellen Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot. In Verbindung mit dem Autohersteller könnten dies Reparaturkosten-Versicherung, Garantieversicherung und Restschuldversicherung sein.
Abseits vom Autohaus mag für eine wachsende "grüne" Zielgruppe ein Co2-Tarif eine Option sein. Absatzpolitisch spielt der Direktvertrieb eine immer wichtigere Rolle. Kaum ein Versicherer wird sich diesem Trend verschließen können.
Die Liste der Möglichkeiten ist lang. Jeder Versicherer muss sein Profil schärfen und kreative Lösungen für die Ansprache seiner Kunden finden. Patentlösungen für den Markterfolg gibt es keine, Chancen um so mehr.

Die Konferenz wurde von Dr. Marc Surminski, Zeitschrift für Versicherungswesen, moderiert. Sein Fazit:
"Der deutsche Kfz-Versicherungsmarkt steht weiter unter Druck. Die günstige Schadenentwicklung bietet den Versicherern aber die Möglichkeit, sich bei momentan noch auskömmlichen Erträgen auf die Herausforderungen der Zukunft einzustellen und neue, profitable Geschäftsbereiche zu erschließen."