- Die Körperschaftsteuer sinkt ab 2028 schrittweise von 15 % auf 10 % bis 2032.
- Die Bewertung latenter Steuern muss bereits jetzt angepasst werden.
- Für die deutschen Kompositversicherer wird die marktweite SCR-Bedeckung voraussichtlich von 258 % auf 254 % fallen (–4 %-Punkte).
Die am 11. Juli 2025 durch den Bundesrat beschlossene Steuerreform verspricht eine deutliche Senkung der Körperschaftsteuer. Der Satz soll ab 2028 bis 2032 sukzessive von derzeit 15 % auf 10 % reduziert werden. Ähnliche Schritte wurden kürzlich auch in Österreich umgesetzt: Dort wurde im Rahmen der Steuerreform 2022 die Körperschaftsteuer von 25 % auf 24 % (2023) und 23 % (ab 2024) gesenkt. Was für Unternehmen zunächst wie eine steuerliche Entlastung aussieht, bedeutet für Versicherer unter Solvency II bereits heute mehr Berechnungsaufwand bei der Bewertung latenter Steuern.
Unter Solvency II spielen Steuern an zwei Stellen eine Rolle:
Zum einen gehen latente Steuern in die Bewertung der Eigenmittel ein – also Steuern auf Gewinne oder Verluste, die erst künftig anfallen.
Zum anderen kann ihre Verlustausgleichsfähigkeit (LACDT) das SCR mindern, wenn nachgewiesen ist, dass künftige Gewinne hypothetische Verluste steuerlich ausgleichen.
„Bei der Bewertung latenter Steuern ist stets der Steuersatz maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Realisation gilt“, erklärt Timo Schumm, leitender Berater bei Meyerthole Siems Kohlruss (MSK). „Das bedeutet: Auch wenn die Steuerreduktion erst in einigen Jahren greift, sind Unternehmen bereits jetzt gefordert, ihre Bewertungsansätze zu überprüfen und den Realisationszeitpunkt latenter Steuern realistisch abzuschätzen.“
Sinkende Steuern, steigendes SCR
Zum Jahresende 2024 liegt die marktweite SCR-Bedeckung der deutschen Kompositversicherer bei 258 %. Die Steuerreform reduziert latente Steuern und erhöht kurzfristig die Eigenmittel, gleichzeitig steigt das SCR durch die geringere Verlustausgleichsfähigkeit.
„Der Effekt auf das SCR überwiegt, sodass sich die Bedeckung insgesamt verschlechtert“, erläutert Lena Porschen, aktuarielle Beraterin bei MSK. „Mit dem für 2032 avisierten Steuersatz würde sich die marktweite Bedeckung auf 254 % verringern – ein Rückgang um vier Prozentpunkte.“
In einem theoretischen Szenario ohne Ertragssteuern würde die SCR-Bedeckung sogar auf 237 % fallen (–21 %-Punkte).
Einheitlich negativ ist der Effekt nicht: Unternehmen mit einem im Verhältnis zur Verlustausgleichsfähigkeit hohen Passivüberhang können von der Steuersenkung profitieren. Insgesamt steigt die SCR-Bedeckung bei 11 Versicherern um bis zu 10 Prozentpunkte, bei 37 Unternehmen bleibt sie nahezu unverändert. Die große Mehrheit – 128 Versicherungsunternehmen – verzeichnet hingegen einen Rückgang der Bedeckung, teils um bis zu 26 Prozentpunkte.
„Die Berücksichtigung latenter Steuern unter Solvency II zeigt, wie detailliert das System inzwischen arbeitet. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob die zunehmende Detailtiefe tatsächlich einen wesentlichen Erkenntnisgewinn liefert. Je feiner die Annahmen und Berechnungen, desto höher der Aufwand für Datenerhebung, Werthaltigkeitsnachweise und Modellpflege – es stellt sich die Frage, inwieweit dies die Steuerung von Versicherern wirklich verbessert“, so Porschen.
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