Onnen Siems, VWheute, vom 20. Juli 2016
Der Klimawandel ist da. Und er wird sich weiter verschärfen. Naturkatastrophen werden häufiger und zugleich intensiver, prophezeien Wissenschaftler. Die damit einhergehende Schadenzunahme verbindet sich unheilvoll mit einem zweiten Phänomen: einer stetig steigenden Versicherungsdichte. Dieser Doppeleffekt ist eine große Belastung für Versicherer.
Das niedrige Zinsumfeld macht die Lage noch brisanter. Lange haben auch die Schaden/Unfall-Versicherer Einnahmen aus Zinserträgen fest eingeplant. Dies verschaffte ihnen Spielraum für Strategien abseits des Tagesgeschäfts – aber es konnte auch dazu verleiten, schlechtem Geschäft nicht die nötige Aufmerksamkeit zu widmen. Das ist jetzt anders. Dinge, die nicht rund laufen, stoßen jetzt schnell durch die Decke. Besonders Schäden durch Naturgefahren können dabei zur Unwucht werden.
Leichen im Keller, das wird unter Solvency II deutlich schwieriger. Die Aufsicht verlangt Transparenz, wieso welche Modelle verwendet werden. Mängel kommen so schnell ans Tageslicht. Im Rahmen von Orsa muss nachgewiesen werden, ob das Standardmodell die Naturkatastrophen für das eigene Unternehmen adäquat abbildet. Und im Rahmen der Versicherungsmathematischen Funktion muss die Angemessenheit der Rückversicherung geprüft werden. Dabei ist die Rückversicherung das Instrument, um Naturgefahren überhaupt versichern zu können.
Stürmische Zeiten also für die Versicherer: Klimawandel, Zinstief und Transparenz-Stress durch Solvency II – diese mehrfache Last steckt keiner so leicht weg. Trotzdem gibt es einen interessanten Spielraum. Neben der Versicherungstechnik ist dies die Rückversicherung. Sie ist entweder Gefahr oder Chance. Wer nicht gut verhandelt, belastet sein Nettoergebnis. Wer sich auskennt, kann gute Konditionen erzielen. Entscheidend ist, die Naturgefahren im eigenen Portfolio präzise zu kennen.