Björn Wichert, VersicherungsJournal, vom 22. Januar 2018
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geht nach einer Schätzung von etwa 500 Millionen Euro Schadenbelastung durch das Organtief „Friederike“ vom 18. Januar aus. Die Meyerthole Siems Kohlruss Gesellschaft für aktuarielle Beratung mbH setzt ihre Schadenprognose mit 800 Millionen Euro deutlich höher an. Die Westfälische Provinzial geht von einem voraussichtlichen Schadenaufwand von 100 bis 130 Millionen Euro aus.
Stürmischer Jahresauftakt für die deutsche Assekuranz: Nach dem Sturmtief „Burglind“ am 3. Januar (VersicherungsJournal 8.1.2018) fegte am 18. Januar mit dem Orkantief „Friederike“ bereits das zweite schwere Winterunwetter innerhalb von etwa zwei Wochen über Deutschland. In der Spitze wurden 203 km/h auf dem Brocken gemessen (VersicherungsJournal 19.1.2018).
Damit wurde sogar der Höchstwert von „Kyrill“ überboten, der auf den Tag genau elf Jahre zuvor mit in der Spitze 202 km/h über Deutschland (VersicherungsJournal 9.2.2007, 16.2.2007) geweht war. „Kyrill“ war mit versicherten Schäden von über zwei Milliarden Euro der teuerste Wintersturm aller Zeiten für die deutsche Assekuranz (VersicherungsJournal 26.6.2007, 30.11.2007).
Nicht ganz so schlimm wie „Kyrill“
Zwar gab es durch „Friederike“ neben acht Todesopfern und hunderten, zum Teil schwer Verletzten auch zahlreiche Sachschäden an Gebäuden, Fahrzeugen, Stromleitungen und an vielen Bahnstrecken. Allerdings dürfte „Friederike“ längst nicht so teuer für die deutschen Versicherer werden wie Kyrill.
Dies hat vor allem meteorologische Gründe. „Anders als bei ‚Kyrill‘, der noch verbreiteter in Deutschland für Orkanböen sorgte und die stärksten Böen an Gewittern an der zugehörigen Kaltfront auftraten, kam es bei ‚Friederike‘ zu den stärksten Böen in einem nur etwa 200 km breiten Streifen erst hinter der Kaltfront“, erläutert Diplom-Meteorologe Christian Herold vom Deutschen Wetterdienst (DWD).
Erste Schadenschätzungen
Dies ist auch an den ersten Schadenprognosen aus der Assekuranz vom vergangenen Freitag abzulesen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) erwartete in einer ersten Schätzung versicherte Schäden in Höhe von rund 500 Millionen Euro.
Deutlich höher fällt mit 800 Millionen Euro Gesamtschaden die Schätzung der Meyerthole Siems Kohlruss Gesellschaft für aktuarielle Beratung mbH (MSK) aus. Die Prognose stützt sich auf das selbst entwickelte Sturmmodell „Storm Chaser“. Aus diesem kann auch abgelesen werden, wo in Deutschland welche Windgeschwindigkeiten festgestellt wurden.
MSK-Geschäftsführer Onnen Siems bezeichnete „Friederike“ als einen „schlanken Kyrill“. Verglichen mit dem für die deutsche Versicherungswirtschaft teuersten Wintersturm aller Zeiten „fiel das Sturmfeld von ‚Friederike‘ enger und kleinräumiger aus und der Sturm zog schneller durch“, so der Versicherungs-Mathematiker.
Provinzial erwartet Schadenbelastung von bis zu 130 Millionen Euro
Als erster Versicherer hat sich die Westfälische Provinzial Versicherung AG mit einer ersten Schadenschätzung an die Öffentlichkeit gewandt. Bei dem öffentlichen Versicherer ist nach eigenen Angaben fast ein Drittel aller Gebäude in Westfalen versichert.
Silke Liedtke, Hauptabteilungsleiterin Sach-Schaden, erwartet „einen voraussichtlichen Schadenaufwand von 100 bis130 Millionen Euro. Sie berichtete ferner von bereits einigen gemeldeten Großschäden, ohne hier zum jetzigen Zeitpunkt konkreter zu werden.
Hintergrund: Nordrhein-Westfalen war am späten Vormittag des 18. Januars das erste von „Friederike“ betroffene Bundesland, nachdem das Orkantief an der Nordwestküste Europas auf Land getroffen war und über den Niederlanden Fahrt aufgenommen hatte.
Das bevölkerungsreichste Bundesland war zudem auch das am stärksten betroffene. Allein in Nordrhein-Westfalen (NRW) fuhren laut einem Bericht der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) Polizei- und Rettungskräfte über 20.000 Einsätze. Hinzu kamen noch rund 8.000 Einsätze der Landespolizei. Fotostrecken mit regionalen Schadenbeispielen hat die Zeitung unter diesem Link bereitgestellt.