Elke Pohl, Versicherungswirtschaft-heute, vom 31. Januar 2019
Insurtechs stehen in der Startphase häufig vor dem Problem, dass sie zur Beantragung einer Bafin-Lizenz eine laut Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) vorgeschriebene Mittelfristplanung über mindestens drei Jahre vorlegen müssen, ohne genau zu wissen, wie lange zum Beispiel die Bafin-Zulassung dauert oder mit welchen Risiken sie es zu tun haben.
Der absolute Mindestkapitalbedarf (AMCR) muss bei SHU-Versicherern 3,7 Mio. Euro liegen, wenn das Unternehmen auch Haftpflichtrisiken zeichnet. "Das mag bei großen Unternehmen keine Rolle spielen, bei kleinen aber ist der MCR existentiell“, macht Andreas Meyerthole, einer der Geschäftsführer des aktuariellen Beratungsunternehmens Meyerthole Siems Kohlruss (MSK), während einer Fachveranstaltung am 29. Januar in Berlin deutlich. Wenn das Geschäft floriert, stehen sie in dem Zwiespalt, dass einerseits die Bafin mehr Eigenkapital verlangt, andererseits die Investoren höhere Prämieneinnahmen fordern. "Für die Bafin wäre entsprechend weniger Beitrag besser, für die Investoren mehr", folgert er. Wachstum erzeuge also ein erhebliches Spannungsfeld.
Rückversicherer als weiterer Akteur
Einen Ausweg oder ein Ventil könnte laut Meyerthole die sogenannte Quoten-Rückversicherung bieten. Die beruht, grob gesagt, darauf, dass man einen Teil der Prämie und ebenfalls einen Teil der Schäden an einen Rückversicherer abgibt. Die Quote ist flexibel und kann bei steigenden Beiträgen hoch, bei sinkenden heruntergefahren werden. Der Rückversicherer trägt auch einen Teil der Verluste, die sich bei Startups anfänglich unweigerlich einstellen. Wenn das Unternehmen in die Gewinnzone kommt, muss diese Schuld allerdings abgetragen werden. Und zwar so, dass die Rückversicherer auch einen Gewinn machen. "Dass das den Investoren nicht gefällt, ist klar", kommentiert der MSK-Geschäftsführer dieses weitere Spannungsfeld. Wünschenswert wäre es, dass Rückversicherer solche Verträge mit Startups anbieten, die am Beginn der Gewinnphase weniger abschöpfen als sie Verluste übernommen haben.
Externe Begleitung hilft
"Unternehmensgründer müssen sich zu Beginn genau überlegen was passiert, wenn die Zulassung länger dauert, sie mehr oder weniger Geschäft als geplant machen oder die Schadenquote sehr hoch ist", rät Meyerthole. Denn: Solche Überraschungen machen sich eins zu eins im Eigenkapital bemerkbar. Mit PORTo bietet MSK ein Tool an, das die Gewinn- und Verlustrechnung im Rahmen einer Mittelfristplanung für einen zukünftigen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren projiziert. Auf der Basis aktueller Berechnungen zur Standardformel nach Solvency II werden die aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen sowie die Solvenzbilanz, Eigenmittel und die Überdeckung gemäß dem Proportionalitätsprinzip für den Projektionszeitraum abgebildet. "Dadurch gelangt man zu transparenten Entscheidungsgrundlagen", ist er sicher. Zwar seien die meisten Gründer fachlich fit. Dennoch helfe externe Begleitung von Anfang an unnötige Fehler zu vermeiden.