VWheute, vom 16. September 2020
Umwälzungen durch neue Mobilität und die fortschreitende Digitalisierung beschäftigen den Markt nachhaltig. Die Experten sind sich einig, Telematik und autonomes Fahren werden das Thema der Zukunft, wie eine Umfrage ergibt, die unter KFZ-Versicherern aus dem DACH-Raum, im Rahmen der K-Tagung durchgeführt wurde. Eine weitere Erkenntnis, die Versicherer müssen mehr Technik wagen.
An der gemeinsamen Veranstaltung von SCOR Rückversicherung Deutschland und Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) nahmen mehr als 200 Branchenprofis teil, die 98 Prozent des deutschen KFZ-Marktes repräsentieren.
Telematik und Autonomes Fahren lagen als die beiden größten „Megatrends“ mit jeweils 35 Prozent gleichauf. Während Telematik oft als Übergangstechnologie gilt, verbindet sich für viele mit dem autonomen Fahren keine lineare Weiterentwicklung der Branche, sondern ein Umbruch. Als weitere Punkte nannten die Teilnehmer der K-Tagung die Themenfelder Car-Sharing, Elektromobilität und Digitalisierung , jeweils 20 Prozent – ebenfalls Felder, die die Mobilität und das Verhältnis von Versicherten und Unternehmen als Ganzes betreffen. Weitere Nennungen waren, neben Mobilität, die Bereiche Tarifierung und Schaden, wobei zusätzliche Anmerkungen der Befragten darauf hindeuten, dass hierbei die zunehmende Automatisierung in der Schadenauswertung sowie die wachsende Rolle der Versicherungsmathematik zentral sind.
„Das Thema Telematik ist seit Jahren im Markt präsent und wurde vielfach noch skeptisch gesehen“, sagt MSK-Geschäftsführer Onnen Siems. Die technischen Lösungen hätten bisher nicht überzeugt: „Weder ODB2-Stecker noch teure Stecker im Zigarettenanzünder erscheinen den Meisten als gangbarer Weg. Das gleiche gilt für reine App-Lösungen sowie oberflächliches und/oder intransparentes Telematikscoring. Hinzu kommen datenschutzrechtliche Vorbehalte“, erläutert Siems.
Trotz dieser verbreiteten Bedenken erfahren Telematiklösungen im Management aktuell eine hohe Aufmerksamkeit, wie auch die Umfrage belegt. „Der Marktdruck steigt. Mittlerweile sind über 500.000 Telematikpolicen im Markt, davon über 90 Prozent bei den beiden Marktführern“, sagt Siems. Damit wachse die Gefahr der Negativselektion. „Die Telematiktechnik hat einen hohen Reifegrad zu geringen Stückkosten erreicht. Auch stehen vereinfachte Vertriebsoptionen durch weniger Tarifmerkmale zur Verfügung – bei zugleich höherer Risikodifferenzierung“. Damit könne Telematik zu einer Plattform für viele Zusatzdienste ausgebaut werden – wie beispielsweise zur Parkplatzsuche, für Bonusprogramme oder situative Versicherungsofferten.
Die Bedeutung der Telematik sei durch Corona zusätzlich gewachsen. „COVID-19 bescherte der Republik einen ‚Crashkurs in digitalen Anwendungen‘ sowie vermehrte Investitionen in die IT. Der Trend der Digitalisierung, der auch vor der Pandemie bestand, macht einen Sprung – mit Auswirkungen auf die Branche“. So seien Versicherte eher bereit, sich mit digitalen Lösungen zu befassen – wie etwa der Telematik. Damit komme eine Entwicklung in Gang, die nicht bei dieser Technologie halt mache. „Das Fernziel des autonomen Fahrens rückt näher. Intelligente Fahrzeuge, die wenig Unfallaufkommen verursachen (Vision Zero), stellen die Versicherer vor eine grundlegende Herausforderung. Versicherer müssen ausgetretene Pfade verlassen und mehr Innovation wagen“, bilanziert Siems.