Monika Lier, VWheute, vom 21. Mai 2021
Die geringere Mobilität in der Pandemie sorgt bei den deutschen Kraftfahrtversicherern nach Einschätzung von Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) auch 2021 für einen hohen Gewinn. “Die Situation ist sehr rosig”, sagte MSK-Experte Ralf Assenmacher am Donnerstag bei einer hauseigenen Veranstaltung der aktuariellen Unternehmensberatung. Er prognostiziert für 2021 rund zwei Mrd. Euro abgewickeltes Anfall-
Für 2020 geht MSK nach bisher vorliegenden Marktzahlen von einer Quote von 11,5 Prozent bzw. absolut 3,3 Mrd. Euro Gewinn aus. Der Rückgang beruht der Schätzung nach auf sinkenden Durchschnittsbeiträgen bei den Prämien sowie höheren Durchschnittskosten bei den Schäden. Die Schadenfrequenzen lägen dagegen in den ersten beiden Monaten 2021 zwischen 30 und 35 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres.
Der Scheitelpunkt bei den Kraftfahrtschäden wird nach Einschätzung von MSK 2025 erreicht. In der mittelfristigen Prognose bis 2030 geht MSK-Expertin Carina Götzen von einem um 20 Prozent niedrigeren Schadenvolumen als bei der reinen Trendfortschreibung der letzten „Vor-Corona-Jahre“ aus. Wesentliche Treiber der Entwicklung seien ein wachsender Anteil an Fahrzeugen mit mehr Assistenzsystemen. Nach Einschätzung von Götzen wird die Zahl der KH-Risiken trotz rückläufiger Bevölkerungszahl zunehmen. Die Gründe: Durch Corona sei der Wunsch nach einem eigenen Pkw gestiegen, und es gebe immer mehr Haushalte.
Heftige Kritik an der Preispolitik der Cyber-Versicherer übte Jürgen Meier, Vorstandssprecher der OKV Ostdeutsche Kommunalversicherung a.G. Preiserhöhungen nach Schäden schadeten dem Vertrauen in die gesamte Versicherungsbranche. Eine neue Sparte solle man nicht mit einem Preiskampf beginnen. Das Risiko von Kumulschäden sei absehbar gewesen und hätte somit eingepreist werden können. Die OKV bietet Kommunen, Landkreisen und Städten sowie kirchlichen, gemeinnützigen und kommunalen Einrichtungen die kommunale Sach- sowie die Vermögensschadenversicherung. Von einer eigenen Cyber-Deckung habe man Abstand genommen und ermögliche diesen Schutz nur über den Kooperationspartner Hiscox, der mit Dienstleistern zusammen auch Kumule abwickeln könne. Dass Meier ein Mann klarer – und fundierter – Worte ist, wissen VWheute-Leser spätestens seit seinem vorgestern erschienenen Interview.
Im Hinblick auf seine Klientel sprach sich Meier für Beständigkeit bei den Preisen aus. Dies sei auch bei der Auswahl der eigenen Rückversicherungspartner eines der Kriterien. “Es ist nicht wichtig, den günstigsten Rückversicherer zu haben, sondern einen verlässlichen Partner.” Dieser müsse auch von den Planungen der OKV überzeugt sein. Rückversicherung sei Chefsache bei der OKV, so Meier. Nichts werde ohne Rückversicherungsschutz gezeichnet. Die RV-Quote liege bei über 50 Prozent. Die eigenen Rückversicherungskosten bezifferte er auf 5,6 Prozent der Bruttobeiträge ohne Rückversicherungs-Saldo und ohne Reserveabwicklung und Kapitalerträge.
Tommy Berg und Daniel Schoberl von MSK zeigten Arbitragemöglichkeiten durch speziell designte Rückversicherungsstrukturen. Diese ihrer Meinung nach eher nicht in Deutschland verwendeten Konstruktionen werden von der Eiopa kritisiert. Für den Sommer ist eine Konkretisierung im Umgang mit der Rückversicherung im Standardmodell angekündigt.
Wie wichtig die Rückversicherung für die Entlastung beim Risikokapital nach Solvency-II ist, zeigen die Zahlen. Eine ausgewertete Stichprobe von 130 deutschen Schaden- und Unfallversicherer mit einer SCR Bedeckungsquote von jeweils über 100 Prozent lag im Durchschnitt bei einer Bedeckungsquote von 282 Prozent. So schafften alle deutschen Schaden- und Unfallversicherer Ende 2020 eine SCR-Bedeckungsquote von über 100 Prozent und kamen im Durchschnitt auf 282 Prozent. Ohne proportionale Rückversicherung würden zehn Prozent der Gesellschaften die 100-Prozent-Marke reißen und der Durchschnittswert läge um 40 Prozentpunkt niedriger.
Vor mehr als 200 Zuhörern wurde zudem erneut die “kleine” Lösung bei der Betriebsschließungsversicherung vorgestellt. MSK-Geschäftsführer Andreas Meyerthole hatte die BSV mit limitierter Kumulhaftung und staatlichen Bilanzhilfen der Presse bereits im Januar erläutert, wie VWheute berichtete.