VWheute, vom 9. Juli 2021

Die Unwetter im Juni 2021 mit heftigem Starkregen und Hagel hat nach vorläufigen Schätzungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) versicherte Schäden in Höhe von 1,7 Mrd. Euro verursacht. Davon entfällt eine Milliarde Euro auf die Sachversicherer für beschädigte Häuser, Hausrat, Gewerbe- und Industriebetriebe.

In der Sachversicherung entfallen laut GDV rund 600 Mio. Euro auf Hagelschäden und 400 Mio. Euro auf weitere Naturgefahren (Starkregen). Mit rund 275.000 Schäden in Höhe von 700 Mio. Euro sind zudem die Kfz-Versicherer besonders stark von Hagelschäden betroffen. “Die Unwetterserie ist damit für die Sachversicherer jeweils das zweitgrößte Hagel- bzw. Starkregenereignis seit 2002”, kommentiert GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Nur der Hagel “Andreas” richtete im Jahr 2013 mit rund zwei Mrd. Euro höhere Schäden an. Bei den weiteren Naturgefahren (Starkregen) waren die Schäden nur bei “Elvira II” im Mai 2016 mit 480 Mio. Euro höher.

Allein die R+V Versicherung schätzt die Kosten der jüngsten Unwetter im Juni 2021 auf rund 100 Mio. Euro. Dabei machen etwa zwei Drittel Schäden an Gebäuden aus, gefolgt von Hagelschäden an Autos. Am stärksten betroffen sind nach Angaben des Wiesbadener Genossenschaftsversicherers die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen. Entspannung sei allerdings noch nicht in Sicht: “Wir bleiben in Alarmbereitschaft. So heftig wie dieses Jahr war es schon lange nicht mehr. Wir gehen davon aus, dass heftige regionale Unwetter immer häufiger auftreten”, sagt Rico Kretschmer, Abteilungsleiter Schadenmanagement bei der R+V Versicherung.

Die Allianz geht zudem nach den Hagelgewittern der vergangenen Woche von etwa 25.000 beschädigten Autos in Süddeutschland aus. Dabei geht der Versicherer auf der Basis der bisherigen Schadenmeldungen davon aus, dass in Bayern 15.000 und in Baden-Württemberg 10.000 Fahrzeuge von Hagel zerbeult oder anderweitig beschädigt wurden.

Auch bei der SV SparkassenVersicherung wurden bislang mehr als 26.000 Schadenfälle gemeldet. “Insgesamt gehen wir aktuell von einem Gesamtschadenaufwand in der Größenordnung von 150 bis 200 Mio. Euro aus”, konstatiert Ralph Eisenhauer, Vorstand Schaden/Unfall der SV SparkassenVersicherung (SV).

Die Versicherungskammer Bayern (VKB) beziffert die Unwetterschäden der letzten zwei Wochen auf etwa 110 bis 155 Mio. Euro. Damit liegen die Schäden laut einer Unternehmenssprecherin gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR) nur knapp unter der Schadensumme von Hagelsturm “Jörn”, der am Pfingstmontag 2019 im Großraum München einen Schaden von rund 160 Mio. Euro verursacht hatte.

Demnach seien der VKB allein im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wegen eines Hagelschauers mit golfballgroßen Eisklumpen bis zu 35.000 Einzelschäden gemeldet worden. Einen Großteil davon würden Schäden an Fahrzeugen ausmachen, von denen rund 30 Prozent einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hätten. Die Schäden in der Altstadt von Landshut beziffert die Versicherungskammer Bayern derzeit auf rund 25 Mio. Euro.

Selbst die Gartenbau-Versicherung geht von einem Schaden in Millionenhöhe aus: So gingen bei dem Spezialversicherer bislang mehr als 100 Schadenfälle mit einer Schadensumme zwischen fünf und zehn Mio. Euro ein.

Die Vereinigte Hagel hatte zunächst noch bei etwa 30.000 ha geschädigter Fläche mit rund zehn Mio. Euro Schaden kalkuliert, dieser Wert hat sich innerhalb weniger Tage mehr als verdoppelt. Ende Juni 2021 sprach der Landwirtschaftsversicherer von 66.000 ha mit einem Schaden von rund 20 bis 23 Mio. Euro. Der Hintergrund sind “Gewitter-Superzellen”, die vor allem in Bayern und Baden-Württemberg gewütet haben.

In der Schweiz rechnet die Axa nach den Unwettern mit 15.500 Schadenfällen und einer Schadensumme von 74 Mio. Franken. “Hauptsächlich handelt es sich um Hagelschäden an Autos: Bis zu tennisballgroße Hagelkörner zerbeulten Motorfahrzeuge und schlugen teilweise Scheiben ein, was zu vielen Totalschäden führte”, so die Axa. Besonders betroffen waren demnach die Regionen Bulle, La-Chaux-de-Fonds, der Kanton Bern, Sursee, Hochdorf, Cham und Horgen.

Laut Hochrechnungen der Mobiliar hat die Unwetterserie zwischen 20. bis zum 30. Juni 50.000 Schäden und einen Schadenaufwand von 252 Mio. Franken verursacht. Auch die Gebäudeversicherung Kanton Zürich (GVZ) geht laut einem Bericht von 20min.ch von einer Schadensumme von 25 bis 30 Mio. Franken aus.

Die aktuarielle Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) hat ihre Schadenschätzung für die Unwetter in den letzten Tagen deutlich nach oben korrigiert. Die Aktuare beziffern die Schäden nun auf rund 2,5 Mrd. Euro. Das erste Schadenereignis umfasse dabei die Tiefdruckgebiete “Volker” und “Wolfgang”. “Die versicherten Schäden in diesem Zeitraum belaufen sich auf mehr als zwei Mrd. Euro in den betroffenen Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mehr als die Hälfte der Schäden entstanden in Deutschland, hauptsächlich in der Sparte Auto-Kasko”, sagt MSK-Geschäftsführer Onnen Siems.

Das zweite Schadenereignis stand laut MSK unter dem Einfluss von Tief “Xero”. Neben großen Hagelschäden in der Schweiz war das Ereignis durch intensiven Starkregen geprägt, anfangs in Baden-Württemberg, dann nach Bayern ziehend und zum Ende des Zeitraums im Nordosten. Die Schadensumme ist diesmal geringer und dürfte nach einer ersten Einschätzung bei etwas mehr als 500 Mio. Euro in den betroffenen Ländern liegen.

Zum Vergleich: Die Folgen durch Sturm, Hagel und weitere Naturgefahren wie Starkregen haben die deutschen Versicherer im Jahr 2020 rund 2,5 Mrd. Euro gekostet. Die versicherten Schäden an Häusern, Hausrat, Kraftfahrzeugen sowie in Gewerbe und Industrie liegen damit rund 500 Mio. Euro unter dem Wert von 2019 und unter dem langjährigen Mittel von etwa 3,7 Mrd. Euro.