VWheute, vom 3. September 2021
E-Scooter gehören – trotz deutlicher Vorbehalte der Versicherungsbranche – mittlerweile zum Stadtbild in Deutschland. VWheute sprach am Rande der K-Tagung in Köln mit Vincent Foucart über Mikromobilität, Versicherungen und neue urbane Mobilität.
VWheute: Die Mikromobilität ist eindeutig auf dem Vormarsch: Könnten Sie die neuesten Trends erläutern?
Vincent Foucart: 2017 war ein Wendepunkt in der Geschichte der Mikromobilität. Die Entwicklung von gemeinsam oder privat genutzten (E-) Fahrrädern oder (E-) Scootern trägt dazu bei, den innerstädtischen Verkehr und der damit verbundenen Umweltverschmutzung Herr zu werden. Die Hoffnung ist, dass diese Neuerung so einflussreich sein wird wie einst die Einführung von Smartphones für die Telekommunikations-Branche – und es gelingt, auf diese Weise Städte, Lieferketten und sogar den Kern der Automobilität maßgeblich zu verändern.
Allerdings nehmen die Häufigkeit und Schwere von Unfällen im Rahmen der Mikromobilität zu. Ihre rasante Verbreitung fordert eine Anpassung der städtischen Infrastrukturen sowie regulatorische Sicherheit. Denn die Geschäftsmodelle der Betreiber haben enorme Mengen an Kapital angezogen, die Wachstum versprechen, aber nicht unbedingt rentabel sind.
VWheute: Was tut Scor, um die Innovation im Bereich der Mikromobilitätsversicherung voranzutreiben?
Vincent Foucart: Scor ist bestrebt, die innovativen Versicherungsprodukte seiner Kunden zu begleiten. Wir fördern einen maßgeschneiderten und partnerschaftlichen Ansatz, bei dem Scor unter anderem ihr weltweites Underwriting-Wissen einbringt. So haben wir zum Beispiel im Jahr 2020 in unserem brasilianischen Innovationslabor ein Fahrradversicherungsprodukt entwickelt und auch eingeführt. Die daraus gezogenen Lehren, wie auch aus anderen Projekten wie z.B. Telematik, stellen wir unseren Kunden zur Verfügung, um mögliche Versicherungslücken zu schließen und die Versicherbarkeit der Mikromobilität zu fördern.
VWheute: Was sind Ihrer Meinung nach die nächsten großen Herausforderungen und Chancen in diesem Bereich?
Vincent Foucart: Für die Versicherung von Mikromobilitätsvehikeln von Erst- und Drittanbietern muss die Branche die Datenerfassung und -standardisierung ausbauen. Dieses fördert grundlegende Analysen sowie die Entwicklung eines Versicherungsangebots für solche Kleinstfahrzeuge. Die Versicherer sollten auch das technische Ökosystem ihrer Partner fördern, um die Akzeptanz zu erhöhen, (Versicherungs-)Betrug einzuschränken und die technologischen Möglichkeiten besser zu nutzen.
Auf der Seite der Produktentwicklungsmöglichkeiten ist die Mikromobilität ein Feld für Innovationen:
- Die Gig-Economy (“freelancer”) hat die Nachfrage nach solchen flexiblen Versicherungsprodukten erhöht;
- Die wachsende Nutzung von Home-Office führt zu einer Verringerung bzw. Rückerstattung von Prämien, fordert allerdings mehr nutzungsbasierte Versicherungslösungen;
- Eigentum vs. gemeinsame Nutzung von Transportmitteln eröffnet die Möglichkeit einer neuartigen Beziehung zum Kunden;
- Die Verlängerung der Batteriegarantie für E-Mobilitätsfahrzeuge ist ein wichtiges Themenfeld;
- Auch die Zusammenarbeit mit Gebührenerhebungsstellen, Radfahrervereinen und Partnerschaften mit Gemeinden können eine Quelle von Möglichkeiten sein.