Auch Kompositversicherer sollten dringend ihr Risikoprofil überprüfen.

Ende Dezember 2019 war die Welt noch in Ordnung und von dieser heilen Welt hätten die deutschen Versicherer der Öffentlichkeit in den kommenden Tagen in ihrem jährlichen Bericht zur Solvenz- und Finanzlage (SFCR) berichtet.

Am 20. März hat die europäische Finanzaufsicht EIOPA nun reagiert. Sie erlaubt den Versicherern, einen Teil der Meldepflichten (Datenbasis von Kennzahlen und Berichten per 31.12.2019) zu verschieben und gibt ihnen zu verstehen, dass über Corona als wichtige Entwicklung im Sinne des §42 VAG im SFCR zu berichten ist.

„Corona greift die finanzielle Stabilität der Versicherer an vielen Stellen gleichzeitig an“, sagt dazu Tommy Berg, leitender Berater der aktuariellen Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) aus Köln. Auf der Aktivseite sehen wir die Talfahrt der Kapitalmärkte, die fast vollständig auf die Marktwerte der Kapitalanlagen durchschlägt. Auf der Passivseite sind mögliche Schadenbelastungen abzuschätzen, aber ebenso die Implikationen auf Bestand und Neugeschäft. Auch die erneute Absenkung der Zinsstrukturkurve trifft gerade Versicherer mit langabwickelndem Geschäft zusätzlich. Und am Ende kumulieren sämtliche Effekte miteinander.

Die Versicherer sollten die Verlängerung der Fristen nutzen, um die quantitativen Auswirkungen von Corona im Rahmen der Quartalsberichterstattung differenziert zu ermitteln und anschließend auch im SFCR darüber zu berichten“, empfiehlt Berg.

Grundsätzlich ist die finanzielle Belastung durch Corona allerdings sehr individuell. Während einige Gesellschaften wie Captives möglichweise nur sehr eingeschränkt betroffen sind und ihre Berichterstattung durchaus pünktlich zum 7. April abliefern können, werden andere Marktteilnehmer signifikante Verwerfungen spüren und sind möglicherweise angehalten, sogar eine außerordentliche unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung durchzuführen (Ad-hoc-ORSA).

Aber es gibt auch Lichtblicke durch sinkende Schadenfrequenzen in einzelnen Sparten. Der verordnete Shutdown führt zu deutlich weniger Straßenverkehr, so dass die Unfallzahlen ebenso stark sinken. Entsprechende Aussagen der Polizei bestätigen diesen Trend. „Jede Woche wird sich aktuell mit diesem historisch niedrigen Mobilitätsniveau die Schadenquote um 0,5 bis 1 Prozent verbessern", schätzt MSK-Geschäftsführer Onnen Siems. Weitere positive Effekte sind ebenfalls in der Hausratversicherung aufgrund sinkender Einbrüche zu erwarten. Der Trend ist leider nicht für die Rechtsschutzversicherer zu erwarten. ”Wie in jeder Rezession wird die Schadenbelastung durch den Anstieg der Arbeitsrechtsfälle ansteigen, die in dieser Krise leider historische Ausmaße erwarten lassen”, warnt Siems.

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Über

Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) wurde 1998 in Köln als erste deutsche aktuarielle Beratungsgesellschaft gegründet und begleitet Versicherungsunternehmen bei strategischen Entscheidungen und operativen Prozessen. Die Tätigkeitsschwerpunkte liegen in Datenpools, Tarifierung, Reservebewertung, Rückversicherung und Solvency II. Seit 2011 ist das Informationssicherheitsmanagementsystem von MSK nach ISO 27001 zertifiziert.