Mit einer versicherten Schadensumme von 2,3 Mrd. Euro stellt KYRILL das teuerste Sturmereignis der deutschen Versicherungswirtschaft der letzten 40 Jahre dar. Er hat das Risikobewusstsein der Branche einschneidend verändert. Was würde ein KYRILL heute bewirken?
Am 18. Januar 2007 fegte der Wintersturm KYRILL über Europa hinweg. In Europa war nur der Sturm LOTHAR im Dezember 1999 noch teurer. Der Vergleich mit den Schadensummen aller anderen großen Sturmereignisse in Deutschland der letzten beiden Jahrzehnte zeigt die herausragende Dimension von KYRILL. Die Wiederkehrperiode liegt bei mehr als 40 Jahren.
In Österreich war das Schadensausmaß mit 250 Mio. Euro versichertem Schaden ähnlich heftig wie in Deutschland. Die stärksten Böen traten hier in der Nacht auf, wo bei Föhneinfluss die Temperaturen gleichzeitig bis auf 20° C kletterten. Auch hier ist es der teuerste Wintersturm der jüngeren Geschichte. Europaweit hinterließ KYRILL einen versicherten Schaden von rund 4 Mrd. Euro.
Die teuersten Winterstürme (> 300 Mio. Euro) in Deutschland für die Jahre 1990-2020 in der Sachversicherung, indexiert auf Werte 2021.
Neben den Schäden hat KYRILL der Branche auch ein verändertes Bewusstsein beschert. „KYRILL hat die deutschen Versicherer schlagartig für die Gefahr Sturm sensibilisiert und ihre Risikoabsicherung nachhaltig verändert“, erläutert Onnen Siems, Geschäftsführer der aktuariellen Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK). „Die Haftungsstrecken wurden verdoppelt und eine zweite Wiederauffüllung eingekauft“, so Siems weiter. „Wenn es um schwere Gefahren ging, dachten europäische Erstversicherer bis 2007 vor allem an die Hurrikane in den USA. Dann kam KYRILL. Der Sturm rückte Europa als bedeutendes Gefahrensegment ins Bewusstsein. Wilhelm Zeller, damals CEO der Hannover Rück, brachte es so auf den Punkt: ‚KYRILL hat den europäischen Versicherern gezeigt, dass der Wind nicht nur in den USA, sondern auch in Europa weht.‘"
Was wäre, wenn sich heute ein Sturm wie KYRILL wiederholen würde? „Der Großteil der Schäden wäre (wieder) nach zwölf Monaten abgewickelt. Der Einfluss auf das Reserverisiko bliebe gering“, führt Siems aus. „Die deutschen Schaden- und Unfallversicherer sind im Mittel so hoch kapitalisiert, dass sie einen siebenfachen Kyrill ‚wegstecken‘ könnten, denn die Solvenzquote des Marktes wäre nach unseren Berechnungen immer noch deutlich über 200% (2019 lag die Solvenzquote nach Angaben der BaFin bei 286%)“, kommentiert die leitende aktuarielle Beraterin Marion Beiderhase und warnt zugleicht: „Ob aber alle Versicherer das so locker wegstecken, ließe sich nur durch individuelle Stresstests überprüfen“.
Windspitzengeschwindigkeiten des Orkans KYRILL.
Das meteorologische Geschehen liest sich noch heute eindrucksvoll. Entstanden über dem Nordatlantik, zog KYRILL mit Intensivierung unter dem stark ausgeprägten Polarjet über Irland und Großbritannien und kam am Nachmittag des 18. Januar mit voller Stärke in Deutschland an. Das extrem breite Sturmfeld führte zu massiven Schäden in allen Landesteilen. Die Deutsche Bahn stellte zum ersten Mal in ihrer Geschichte den kompletten Zugverkehr ein. Jedes achte Gebäude in Deutschland verzeichnete einen Schaden, in besonders betroffenen Regionen nahezu jedes Dritte. Die Schadenabteilungen der Versicherer waren mit der Bearbeitung von mehr als 2 Mio. Schäden beschäftigt. Stelle man sich ein solches Ausmaß in Zeiten von Corona mit Kontaktbeschränkung und Homeoffice vor. Im Norden und Osten kam es an der durchziehenden Kaltfront zu schweren Gewittern und – für diese Jahreszeit extrem seltenen – Tornados. Am Ende lag rund 37 Mio. Festmeter Schadholz am Boden.
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Über MSK:
Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) wurde 1998 in Köln als erste deutsche aktuarielle Beratungsgesellschaft gegründet und begleitet Schaden- und Unfallversicherer bei strategischen Entscheidungen und operativen Prozessen. Die Tätigkeitsschwerpunkte liegen in Datenpools, Tarifierung, Telematik, Cyber, Bilanzbewertungen, Rückversicherung und Solvency II. Seit 2011 ist das Informationssicherheitsmanagementsystem von MSK nach ISO 27001 zertifiziert.