Barbara Kriesten, Versicherungsjournal.de, vom 9. April 2015
Durch Sturmtief „Niklas“ sind Schäden in Millionenhöhe entstanden. Doch obwohl der Orkan einer der kräftigsten Stürme der vergangenen 20 Jahre war, bleiben die Schäden doch hinter denen von „Kyrill“ aus dem Jahr 2007. Das berichten die Versicherer nach den ersten Schadenmeldungen. Vielfach sind die Schäden jedoch noch nicht vollständig abzusehen.
Mit Sturmtief „Niklas“ ist Ende März einer der kräftigsten und flächendeckendsten Stürme der vergangenen 20 Jahre durch die Republik gefegt. Nach Angaben des Wetterdienstes Meteogroup Deutschland GmbH gab es besonders im Flachland von Niedersachsen und Bayern viele Stationen mit Orkanböen.
Aber auch in fast allen anderen Bundesländern habe es vereinzelt Windstärke elf oder zwölf gegeben. Insgesamt sei der Orkan etwas milder ausgefallen als der Wintersturm „Kyrill“, der im Januar 2007 durch Deutschland gezogen war und damals zu Schadenzahlungen in einer Höhe von 2,4 Milliarden Euro geführt hatte (VersicherungsJournal 25.1.2007). Entsprechend seien auch die Schäden geringer ausgefallen, vermelden die Versicherer in einer Kurzumfrage des VersicherungsJournals.
Rund 700 Millionen Euro Gesamtschaden
Zusammen mit Sturmtief „Mike“, das sich kurz vor „Niklas“ ereignet hatte, lag der versicherte Gesamtschaden bei 700 Millionen Euro, schätzt die Meyerthole Siems Kohlruss Gesellschaft für aktuarielle Beratung mbH (MSK) aus Köln. Sie stützt sich auf ein selbst entwickeltes Sturmmodell für Deutschland. „Mit seinem Schadenausmaß liegt das aktuelle Sturmduo deutlich unter ‚Kyrill‘ aus dem Jahr 2007“, erläutert MSK-Geschäftsführer Onnen Siems in einer Pressemitteilung.
Die größte Kostenposition, die durch „Mike“ und „Niklas“ auf die Versicherungswirtschaft zukommt, geht auf Gebäudeschäden zurück, teilte MSK mit. Dabei machten beschädigte Dächer den Großteil der Schäden aus.
„Kyrill“ stürmte kräftiger
Als größter Gebäudeversicherer in Bayern und der Pfalz vermeldete die Versicherungskammer Bayern zumindest bis gestern die bislang höchsten Schadenprognosen: 35 bis 40 Millionen Euro werden das Sturmereignis und die erwarteten rund 45.000 Schäden kosten. Bei den Schäden handele es sich überwiegend um Schäden an Gebäuden, Hausrat und Kraftfahrzeugen Bei „Kyrill“ waren es rund 79.000 Schäden, die den Versicherer rund 69 Millionen Euro gekostet hatten.
Mit einem Gesamtaufwand von rund 19,5 Millionen Euro rechnen die VGH Versicherungen in ihrem Geschäftsgebiet in Niedersachsen. Die bei der Landschaftlichen Brandkasse Hannover etwa 19.000 gemeldeten Schäden verteilen sich nach Angaben von Pressesprecher Christian Worms über das gesamte Geschäftsgebiet. Etwa 17.000 Schäden (16,5 Millionen Euro) entfallen auf Sachschäden, die übrigen 2.000 Schäden (drei Millionen Euro) auf die Kfz-Versicherung.
„Mike“ und „Niklas“ seien schadenträchtiger ausgefallen als die letzten Winterstürme „Elon“ und „Felix“ (VersicherungsJournal 19.1.2015). Die Schäden durch „Kyrill“ lagen dagegen um etwa das Vierfache höher. „Obwohl Meteorologen ‚Niklas‘ als einen der stärksten Stürme der letzten Jahrzehnte bezeichnet haben, dürfte er aus Versicherungssicht (in Niedersachsen) also eher als mittleres Kumulschadenereignis einzustufen sein“, erklärte Worms.
Ganzes Bundesgebiet betroffen
Die R+V Versicherung AG zählte bis zum Osterwochenende rund 14.500 gemeldete Schäden im Kfz- und Sachbereich. Besonders betroffen seien das südliche Niedersachsen, Nordhessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt gewesen, so Pressesprecherin Stefanie Simon. Die Schadensumme entspreche bis dato rund 20 Millionen Euro.
Eine ähnliche Schadenhöhe, nämlich 15 bis 20 Millionen Euro, erwartet die Provinzial Rheinland Versicherung AG. Hier sind zunächst 7.200 Sachschäden und über 230 Schäden an Kraftfahrzeugen gemeldet worden. Es handelt sich nach Angaben von Gabriele Scheidt aus der Kommunikationsabteilung fast ausschließlich um Sturmschäden an Gebäuden. Im Vergleich zu „Kyrill“ oder „Ela“ aus dem Jahr 2014 (VersicherungsJournal 19.6.2014) seien die Schäden eher gering.
Der LVM Landwirtschaftliche Versicherungsverein Münster a.G. verzeichnet ebenfalls Schadenmeldungen in Millionenhöhe. Im Bereich Sach wurden bis Wochenbeginn etwas mehr als 13.000 Schäden in Höhe von 12,3 Millionen Euro gemeldet, in Kfz waren es knapp 1.400 in Höhe von 2,08 Millionen Euro. Hier erwartet das Unternehmen noch einen Anstieg der Kosten auf 3,1 Millionen Euro.
„Betroffen war praktisch das gesamte Bundesgebiet, die meisten Schäden hatten wir in Nordrhein-Westfalen (48 Prozent) und Niedersachsen (21 Prozent)“, berichtet Sprecherin Carmen Molitor. Dies seien aber auch die beiden Bundesländer mit dem größten LVM-Versicherungsbestand.
Weitere Schadenmeldungen erwartet
Die SV Sparkassenversicherung Holding AG rechnet einer Pressemitteilung zufolge in ihrem Geschäftsgebiet mit etwa 5.000 Schäden und einem Schadenvolumen von rund zehn Millionen Euro.
Siebenstellig wird es voraussichtlich auch bei der Arag Allgemeine Versicherungs-AG. Knapp 1.000 Schäden sind dort zunächst gemeldet worden. „Da die Vorfälle jedoch erst kurz zurückliegen, beziehungsweise sich wiederholen können, rechnen wir mit weiteren Schadenmeldungen“, berichtet Abteilungsdirektor Willi Merta.
Die meisten Schäden fanden auf Terrassen, Balkonen und in Gärten statt. „Hier wurde oftmals das Mobiliar in Mitleidenschaft gezogen. Seltener waren Schäden an Gebäuden und Pkw.“
Verzögerungen wegen der Feiertage
Auch bei der Wüstenrot & Württembergische AG sind bereits erste Schadenmeldungen eingegangen. Bis zum Abend des 31. März zählte die Versicherung laut einer Pressemitteilung rund 330 Schadensvorgänge über knapp 650.000 Euro.
„Dies dürfte jedoch erst der Anfang sein. Aufgrund der Osterfeiertage werden Schadenmeldungen voraussichtlich erst mit mehrtägiger Verzögerung eintreffen“, berichtet das Unternehmen. Fundierte Einschätzungen, in welchem Volumen die Württembergische Sturmschäden regulieren wird, seien daher erst später möglich.
Ähnlich antwortete die Ergo Versicherungsgruppe AG. Bis Wochenbeginn waren nach Angaben von Sprecherin Dorina Linssen 4.500 Schadenmeldungen eingegangen. „Nach unseren Einschätzungen ist in den nächsten Tagen noch mit weiteren Nachmeldungen zu rechnen.“ Zu den Kosten könne das Unternehmen noch keine Angaben machen.
Noch unklar ist auch der Schadenumfang bei der Allianz Deutschland AG. Aus ganz Deutschland gingen derzeit Schadenmeldungen ein, berichtet Pressesprecher Christian Weishuber.