Michael Göttsche, "Überblick" 33/2017, vom 1. März 2017
Telematik: Itzehoer vergibt Forschungsauftrag
Seit Weihnachten rechnet und analysiert er, bahnt sich seinen Weg durch gigantische Daten- und Zahlenkolonnen: Markus Binder hat sich viel vorgenommen – der Mathematik-Student will zeigen, mit welchen mathematischen Methoden die aus dem Itzehoer Telematik-Projekt SECURE DRIVE gewonnene Datenflut verarbeitet werden kann und welche Versicherungs-Erkenntnisse sich daraus ableiten lassen. „Aktuarielle Profilanalyse von großen Telematik-Datenmengen“ lautet der nüchterne Titel seiner Master-Arbeit – im Auftrag der Itzehoer.
Markus Binder gehört damit zu den akademischen Pionieren im deutschsprachigen Raum: „Seine Master-Arbeit wird eine der ersten auf dem Gebiet der Telematik sein“, sagt PSU-Abteilungsleiter Christoph Meurer. „Wir unterstützen ihn, weil es uns selbst an personeller Kapazität und an Freiräumen für solche umfassende Analyse und Bearbeitung fehlt.“ Pro Telematik-Einheit fallen sekündlich vier Datensätze an, die Auskunft über die jeweilige Fahrweise geben. Das ist – bei angenommenen 43-Fahrminuten täglich – im Jahr das 8.000-fache des heute erfassten Datenvolumens. Mit den richtigen Analysemethoden lassen sich hieraus beispielsweise hochdifferenzierte Fahrer- und Risikoprofile erstellen – die Grundlage für eine bessere, individueller gestaltete Tarifierung, die einen der großen Vorteile des Telematik-Prinzips darstellt.
Da es sich um höchstsensible Daten handelt, schreibt Binder seine Arbeit in den Räumen der aktuariellen Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) mit Sitz in Köln. Damit, so Christoph Meurer, sei gewährleistet, dass die Daten nicht das Haus verlassen können. Markus Binder hat keinen Zugang zu personenbezogenen, sondern ausschließlich zu anonymisierten Daten.
„Wir betreuen Markus Binder gemeinsam mit der MSK und diskutieren regelmäßig Arbeitsschritte und Zwischenergebnisse“, so Christoph Meurer. Durch die Anbindung an MSK kann Markus Binder auch fachlich profitieren. Seine Arbeit wird dort von Frau Carina Götzen, leitende Beraterin bei MSK und Aktuarin (DAV), betreut. Gemeinsam werden so modernste Modellierungsansätze für die "Big Data"-Aufgabe verprobt.
Der Telematik-Forscher studiert eigentlich an der Technischen Hochschule Regensburg Mathematik. Für die Dauer der Master-Arbeit ist er nach Köln gezogen. Um die zusätzlichen Kosten aufzufangen, wird er vom „Förderverein für Versicherungs-Mathematik im Bereich der Kraftfahrtversicherung“ unterstützt. Die Itzehoer ist dem in Köln ansässigen Verein beigetreten.
VM4K: Theorie und Praxis
Der vor rund zwei Jahren gegründete „Förderverein für Versicherungs-Mathematik im Bereich der Kraftfahrtversicherung“ (VM4K) will Unternehmen die Chance bieten, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und für die Wirtschaft eine Verbindung zu Wissenschaft und Forschung herstellen. Umgekehrt soll Studierenden Einblick in die Berufspraxis ermöglicht werden. Außerdem vermittelt der Verein Themen für wissenschaftliche Arbeiten – wie es bei Markus Binder der Fall ist. „Diese enge Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis ist auch für uns äußerst interessant, darum sind wir dem Verein beigetreten“, so Christoph Meurer. Die Itzehoer gehört zu den ersten Mitgliedern.