VWheute, 2. September 2020

Telematik-Tarife werden in der Branche differenziert betrachtet. Das Interesse der Kunden hält sich bei hohen Eigenkosten der Häuser in Grenzen, andererseits sind die eingesammelten Daten das sprichwörtliche Gold. Auf der heute stattfindenden virtuellen K-Tagung dürfte dieser Zwiespalt wieder in den Fokus rücken.

Glaubt man der Ratingagentur Assekurata, gewinnen die Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung zunehmend an Bedeutung, die Leistungsversprechen der Versicherer sind bisweilen noch sehr unterschiedlich. Dies „erschwert es Kunden und Vermittlern“, die Qualität eines Telematik-Tarifes einzuschätzen.

Interessant ist, dass Assekurata an dieser Stelle ihre eigene Einschätzung vom September des Vorjahres kassiert. Damals war davon die Rede, dass am Markt eine Konsolidierung stattgefunden habe, von steigender Bedeutung wurde nicht gesprochen. Offenbar hat sich die Sicht auf das Produkt bei den Unternehmen in den letzten acht Monaten verändert.

Bessere Risikodifferenzierung durch individuelle Tarife?

Vorreiter beim Thema Telematik ist die Huk-Coburg. So rührte Huk-Vorstand Jörg Rheinländer noch im vergangenen November pünktlich zur Wechselsaison mächtig die Werbetrommel . Dabei sei ein „Telematik-Score absolut diskriminierungsfrei“, betont der Versicherungsmanager. Nur das Verhalten würde zählen und dies könne von jedem selbst beeinflusst werden. Soziodemografische Faktoren wie Alter, Einkommen, Beruf, etc. hätten keinen Einfluss auf den Fahrwert. Kurz: „Telematik behandelt jeden Menschen gleich“, so Rheinländer.

Für Thomas Körzdörfer, Leiter Telematik Analytics der Huk-Coburg Datenservice und Dienstleistungen, liegen die Vorteile klar auf der Hand: „Durch Telematik lernen wir unglaublich viel. Telematik versetzt uns in die Lage, echtes Big Data und KI zu lernen. Durch die direkte, digitale Interaktion über die Mein Auto App rücken wir näher an unsere Kunden heran und können ihre Bedürfnisse besser verstehen. Die Auswertung der Fahrdaten ermöglicht uns zudem eine bessere Risikodifferenzierung als die Verwendung klassischer Tarifierungsmerkmale. Übrigens wird dies auch von unseren Kunden als fairer wahrgenommen“, betont er gegenüber VWheute.

Nischenprodukt bei den Verbrauchern

Dennoch scheinen sich entsprechende Tarife bei den Kunden noch immer nicht wirklich rumgesprochen zu haben. So kam eine Umfrage der Sirius Campus Marktuntersuchung im Februar zu dem Ergebnis, dass zwar jeder vierte (26 Prozent) der 40 Millionen Kfz-Versicherten ein entsprechendes Angebot. Allerdings hat nur jeder zehnte Befragte ein großes Interesse an einer individuellen Tarifierung seines Fahrverhaltens. Dazu zählen vor allem junge Männer bis 25 Jahre, die zum Jahreswechsel auch eine höhere Vergleichs- und Wechselaktivität aufweisen. Rund drei Prozent aller Kfz-Versicherungsnehmer haben bereits Erfahrungen mit Telematik-Tarifen gemacht oder besitzen aktuell einen solchen Tarif.

Datenschützer haben mit den Telematik-Tarifen in der Kfz-Versicherung keine Probleme. Vorausgesetzt sie sind transparent und haben eine klare Zweckbindung, die nicht überschritten wird. „Es darf bei solchen Tarifen aber nicht zu einer Diskriminierung kommen“, warnte Sven Hermerschmidt, Referatsleiter beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Februar auf dem Verkehrsgerichstag in Goslar. Als negatives Beispiel nannte er Krankenversicherungstarife, die per App die Fitness kontrollieren würden und bei Feststellung von Diabetes den Kunden ausschließen. Auf die Kfz-Versicherung übertragen dürften dann dort keine extremen Raser gekündigt werden.

Signifikante Marktanteile von Telematik-Tarifen gibt es nach Einschätzung von David Stachon, Vorstandchef des Generali-Direktversicherers Cosmos Direkt, allerdings noch immer nicht. Dennoch glaubt er, „dass sich der Telematik-Markt kontinuierlich weiter verändern wird. In Deutschland gibt es noch immer nicht das Volumen wie in Italien oder Großbritannien. Dennoch sehen wir auf dem deutschen Markt steigende Zahlen.“