• Die aktuelle Anhebung der absoluten Untergrenze für die Mindestkapitalanforderung (AMCR) von 3,7 Mio. Euro auf 4,0 Mio. Euro ist nur der Anfang. Durch die seit 2022 stark angestiegene Inflation wird die nächste Anpassung signifikant höher ausfallen.
  • Gerade kleinere Versicherungsunternehmen und Start-ups werden sich in ihrer Planung mit der Auswirkung der Inflation auf die Mindestkapitalanforderung (MCR) auseinandersetzen müssen, um nicht 2027 eine böse Überraschung zu erleben.

„Die Implikationen der Inflation werden in diesen Tagen viel diskutiert, aber jetzt trifft es gerade die kleinen Versicherungsunternehmen aus heiterem Himmel“, sagt Marion Beiderhase, leitende Beraterin bei Meyerthole Siems Kohlruss (MSK). „Die absolute Untergrenze für die Mindestkapitalanforderung für Nichtlebensversicherungsunternehmen mit Haftpflichtgeschäft wurde zum 4. Quartal 2022 von 3,7 Mio. Euro auf 4,0 Mio. Euro angepasst“. Beschlossen wurde diese, wie auch die Anpassungen der weiteren in der Solvency-II-Rahmenrichtlinie in Euro angegeben Beträge, bereits in 2021 und im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

In der Presse behandelt wurde das Thema bislang kaum. „Sicherlich ist eine Anpassung um 300 Tsd. Euro für die meisten Unternehmen weniger relevant und das MCR in der Regel nicht die maßgebliche Steuerungsgröße“, merkt MSK-Geschäftsführer Dr. Andreas Meyerthole an.

Jedoch soll die Anpassung des AMCR das gerade sehr aktuelle Thema Inflation reflektieren. Daher wird es alle fünf Jahre auf Basis des harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) aller EU-Mitgliedsstaaten angepasst. „Die zum 4. Quartal 2022 umzusetzende Anpassung des MCR erfasst aber die aktuelle Inflation kaum“, ordnet Marion Beiderhase ein. „Der zugrundeliegende Zeitraum umfasst die Jahre bis einschließlich 2020, wo die Diskussionen eher von der Niedrigzinsphase dominiert wurden“. Wirft man einen Blick auf die Entwicklung des HVPI der letzten zwei Jahre, so wird klar, dass die nächste Anpassung des AMCR durchaus deutlicher ausfällt. „Allein eine Anpassung auf den Stand 31.12.2022 würde das AMCR um weitere 500 Tsd. Euro erhöhen. Legt man die EZB-Prognosen für die Entwicklung des HVPI für die nächsten drei Jahre zugrunde, so läge das AMCR nach der nächsten Anpassung bei 5,1 Mio. Euro“, sagt Marion Beiderhase.

Und ist dies immer noch so leicht wegzustecken? Die Daten der SFCR-Berichte (Stand 31.12.2021) geben eine erste Antwort. „So ist für zwölf Unternehmen die MCR-Bedeckung niedriger als die SCR-Bedeckung. Im Schnitt liegt diese bei 238%, so dass eine Anhebung des AMCR auf 5,1 Mio. Euro rd. 65 %-Punkte der Bedeckung kostet“, erläutert Dr. Andreas Meyerthole. „Im Einzelfall liegen sogar fünf Unternehmen unter der von der Aufsicht gern gesehenen Bedeckung von 150% oder sind sogar unterdeckt“.

Und jetzt? Fünf Jahre wird es noch dauern, bis die nächste Anpassung greift. „Das ist ein Zeitraum, den viele Unternehmen nicht einmal in ihrer Unternehmensplanung abdecken“, erklärt die Aktuarin Marion Beiderhase. Aber dennoch sollte die Entwicklung des HVPI beobachtet und die Auswirkung auf die MCR-Bedeckung im Auge behalten werden. „Spätestens wenn das Jahr 2027 im Planungszeitraum des ORSA aufgenommen wird, ist die Risikotragfähigkeit vor dem Hintergrund der eingetretenen und prognostizierten Inflation zu überprüfen, um noch genügend Handlungsspielraum zur Verfügung zu haben“, unterstreicht Dr. Andreas Meyerthole.

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Über MSK
Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) wurde 1998 in Köln als erste deutsche aktuarielle Beratungsgesellschaft gegründet und begleitet Schaden- und Unfallversicherer in strategischen und operativen Fragen. Schwerpunkte liegen in Datenpools, Tarifierung, Telematik, Cyber, Nachhaltigkeit, Bilanzbewertungen, Rückversicherung, Solvency II und EbAV II. Seit 2011 ist das Informationssicherheitsmanagementsystem von MSK nach ISO 27001 zertifiziert.