• Sowohl Eigenmittel (-3%) als auch Kapitalanforderungen (-4%) sinken für deutsche Schaden- und Unfallversicherer
  • Die Bedeckung (SCR-Quote) hat sich um 3 Prozentpunkte auf 263% verbessert
  • Bedarfsrückstellungen (Best Estimate) sind um 6% zurückgegangen

„Erstmals seit der Einführung des neuen Aufsichtsregimes im Jahr 2016 sind sowohl die Eigenmittel als auch die Kapitalanforderungen rückläufig“, sagt Dr. Andreas Meyerthole, Geschäftsführer der aktuariellen Beratungsfirma Meyerthole Siems Kohlruss (MSK). „Zinseffekte schlagen deutlich stärker durch als Inflation“.

MSK hat die SFCR-Berichte von 173 Versicherern nach ihrer Veröffentlichung am 11. April 2023 maschinell ausgelesen und intensiv ausgewertet.

In der durchgeführten Analyse, die nach Validierung mehr als 90% des Marktvolumens der Schaden und- Unfallversicherer im deutschen Erstversicherungsmarktes umfasst, sind sowohl die Eigenmittel um 3% auf ca. 116 Mrd. Euro als auch die Kapitalanforderungen um 4% auf ca. 44 Mrd. Euro gesunken.

Die Bedeckung hat sich dabei leicht um 3 Prozentpunkte auf 263% verbessert. Wie in den Vorjahren sind Versicherungsvereine deutlich besser kapitalisiert als Aktiengesellschaften und haben sogar im Mittel von 377% auf 395% zugelegt.

So sind die Besten Schätzwerte für die Schadenrückstellungen von 2021 auf 2022 brutto um 5% zurückgegangen. Insgesamt übersteigt damit der Diskontierungseffekt aus dem Zinsanstieg die eingerechnete Inflation erheblich.

„Von der auch seitens BaFin geforderten Einrechnung der Inflation in die Schadenrückstellungen bleibt in den Berichten nichts mehr übrig“, kommentiert Dr. Meyerthole.

Besonders deutlich wird dieser Effekt in der Sparte KH, die mit einer fast 2,5 Mrd. Euro niedrigeren Schadenrückstellung abschließt.
„In der nach Vorsichtsprinzip aufzustellenden HGB-Bilanz werden diese Effekte jedoch wegen des Diskontierungsverbotes nicht zu sehen sein“, erklärt Ralf Assenmacher, leitender Berater bei MSK.

Auch die Prämienrückstellungen sind rückläufig. Nach Einschätzung von MSK impliziert dies einen positiven Ausblick der Branche auf das Jahr 2023, ist doch die Einschätzung des Geschäftsverlaufes in 2023 der wesentliche Treiber für die Prämienrückstellung. „Auch hier ist dieser Effekt im Wesentlichen auf die starken Diskontierungseffekte z.B. in KH zurückzuführen, während die Prämienrückstellungen z.B. für Kasko dagegen aufgrund der Inflation steigen“, ordnet der leitende MSK-Berater Daniel Schoberl ein.

Insgesamt werden somit auf der Passivseite durch die gestiegenen Zinsen Eigenmittel generiert, die allerdings durch die Marktwertverluste auf der Aktivseite überkompensiert werden. Traditionell sind die deutschen Versicherer in festverzinsliche Anlagen investiert, deren Marktwert zum Jahresende um 14% nachgegeben hat.

Aufgrund des Markwertprinzips unter Solvency II sind diese Verluste unmittelbar auszuweisen, während sie in den Handelsbilanzen in der Regel nicht zu bilanzieren sind.

„Dass die Kapitalanforderungen trotz Inflation nicht gestiegen sind, ist nach Einschätzung von MSK ebenfalls auf die gesunkenen Marktwerte der Kapitalanlagen zurückzuführen“, merkt Schoberl an.

Zwar steigt das versicherungstechnische Risiko um 3%, allerdings sinkt das Marktrisiko insgesamt um 15%. „Der Effekt ist aber auch der Einfachheit des Standardmodells geschuldet, in dem das Risiko eines weiteren Wertverlustes proportional zu den aktuellen Marktwerten ermittelt wird und diese sind nun mal zum Jahresende 2022 erheblich gesunken“, erklärt Dr. Meyerthole.

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Über MSK
Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) wurde 1998 in Köln als erste deutsche aktuarielle Beratungsgesellschaft gegründet und begleitet Schaden- und Unfallversicherer in strategischen und operativen Fragen. Schwerpunkte liegen in Datenpools, Tarifierung, Telematik, Cyber, Nachhaltigkeit, Bilanzbewertungen, Rückversicherung, Solvency II und EbAV II. Seit 2011 ist das Informationssicherheitsmanagementsystem von MSK nach ISO 27001 zertifiziert.