VWheute, vom 11. Januar 2016
Nach zehnjähriger Vorbereitungszeit ist zum Jahresbeginn das Regelwerk von Solvency II in Kraft getreten. Aus Sicht des Vermögensverwalters BlackRock stellt das neue Regelwerk vor besondere Herausforderungen. Denn: “Wer damit nicht richtig umgeht, wird kein Kapital anziehen”, sagt Patrick Liedtke, Leiter des Versicherungsgeschäftes in der Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA).”
“Diejenigen Versicherer mit hohen Solvabilitätskennziffern können ihr Geschäft erweitern und in höher rentierliche Anlagestrategien investieren. Für die Unternehmen mit geringeren Solvabilitätskennziffern wird es dagegen schwieriger. Denn die Geldpolitik, die starke Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Papieren sowie neue Regulierungsvorschriften haben zu geringeren Handelsbeständen und -umsätzen geführt. Das belastet die Liquidität am Anleihenmarkt”, ergänzt der Experte.
Zudem habe “die Geldpolitik, die starke Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Papieren sowie neue Regulierungsvorschriften haben zu geringeren Handelsbeständen und -umsätzen” gefährdet, betont Liedtke: “führen die strengeren Kapitalanforderungen im Rahmen von Solvency II dazu, dass europäische und globale Versicherer – speziell die mit geringeren Solvabilitätskennziffern – ihre Bestände an Anleihen mit Investmentgrade-Ratings aufstocken und ihre Anlageportfolios unter der Maßgabe engerer Risikobudgets stärker diversifizieren.”
Eine Umfrage von Standard Life Investments unter 56 Anlage- und Risikovorständen europäischer Versicherungen ergab zudem, dass etwa die Hälfte der Befragten ihre Investitionen in festverzinsliche Papiere reduzieren wollen. Etwa 60 Prozent der befragten Versicherer wollen zudem stärker in alternative Anlagen wie Infrastruktur, erneuerbare Energien oder Immobilien investieren. Zudem fühlen sich drei Viertel der Befragten in ihrer Kapitalanlage limitiert.
Nach Ansicht von Dietmar Kohlruss, Mathematiker und Aktuar der Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss, “werden die Karten auch bei der Bewertung von Unternehmen in Ratings oder Produktvergleichen neu gemischt.” Die Folge könne eine Veränderung in der bisherigen Versicherungslandschaft von etwa 400 Unternehmen in Deutschland sein.
Denn künftig bestimme eine europaweit gültige “Standardformel” die Höhe des mindestens vorzuhaltenden Risikokapitals. Dabei steigen die Beiträge für einzelne Versicherungssparten zum Teil erheblich, da die Standardformel das Risiko der Unternehmen adäquater als bisher bemisst. “Als Folge können Verbraucherpreise z.B. bei Produkten mit Naturgefahrdeckungen wie der Wohngebäudeversicherung anziehen”, ergänzt Kohlruss.
“Vom Markt verschwinden werden aber nur wenige Versicherer aufgrund von Solvency II. Die Reform legt aber bereits bestehende Schwachstellen auf. Es ist wie bei brüchigen Bäumen, von denen ein Fachmann bereits vor dem Sturm absehen kann, dass er fallen wird”, ergänzt Kohlruss.